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Flutwelle in Polen rollt Richtung Brandenburg

20. Mai 2010

Ungewöhnlich starker Regen lässt die Flüsse in Polen über die Ufer treten. Während sich die Hochwasserlage im Süden entspannt, bewegt sich die Flutwelle auf Weichsel und Oder flussabwärts nach Norden.

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Boote auf den Straßen, Menschen im Armee-Fahrzeug (Foto: dpa)
Kampf gegen die Fluten in Polen: Das Dorf Sandomierz wird evakuiertBild: picture alliance/dpa

In den mittleren Regionen Polens haben sich am Donnerstag (20.05.2010) die Einsatzkräfte und die Bewohner der Ortschaften auf den Kampf gegen die Wassermassen vorbereitet. Auch im benachbarten Brandenburg wappnete man sich gegen eine erste Oder-Flutwelle, die für Freitag erwartet wird. Vorsorglich riefen die Behörden dazu auf, das Vorland der Deiche zu räumen. Falls erforderlich, sollen am Freitag Polder geöffnet und dadurch ganze Landstriche gezielt überflutet werden.

Eine zweite Hochwasserwelle wird für kommenden Montag erwartet. Die Flut werde aber nicht so hoch sein wie beim "Jahrhunderthochwasser" von 1997, so das Landesumweltamt.

Warschau erwartet Wassermassen

Überflutete Autos in Sandomierz (Fotos: dpa)
Das Hochwasser richtet enormen Schaden anBild: picture alliance/dpa

In Polen müssen sich auch etliche Bewohner Warschaus auf erwartete Wassermassen einstellen. In der Hauptstadt gilt der Zoologische Garten am rechten Weichsel-Ufer als besonders gefährdet. Der Zoodirektor schloss nicht aus, dass einige gefährliche Tiere erschossen werden müssen, falls das Wasser ihre Gehege erreicht. Auf die Flutwelle bereitete sich auch die niederschlesische Metropole Breslau vor. Die Höchststände der Oder werden dort am Freitagmorgen erwartet. An diesem Donnerstag floss die Welle durch Oppeln. Insgesamt sind mehr als 40 Ortschaften der Region dort überflutet.

Drei Menschen noch vermisst

Haus zur Hälfte im Hochwasser (Foto: dpa)
Hochwasser in Polen: Schwer betroffen ist Sandomierz im Süden des LandesBild: picture alliance/dpa

Nach polnischen Medienberichten sind in den Wassermassen bisher neun Menschen ums Leben gekommem, drei wurden noch vermisst. In Krakau kam ein 65-Jähriger durch einen Stromschlag ums Leben, als er seinen überfluteten Keller auspumpen wollte.

Nach Angaben des Innenministeriums hat sich die Lage in Krakau und der Umgebung sowie in Schlesien stabilisiert. Die Pegel der Weichsel von ihrer Quelle bis rund 200 Kilometer nordöstlich von Krakau gingen zurück. Die Dämme sind aber durchweicht und daher instabil.

Auch in Tschechien hat sich die Hochwasserlage weitgehend entspannt. Am Donnerstagmorgen bestand nur noch nahe der Grenze zur Slowakei am Donau-Nebenfluss Morava (March) dringender Hochwasseralarm.

In Polen kämpfen insgesamt rund 50.000 Feuerwehrleute und 1000 Soldaten weiter gegen die Flut an. Auch Helfer aus dem Ausland sind dort im Einsatz. So schickte das deutsche Technische Hilfswerk etwa 60 Einsatzkräfte mit Spezialpumpen. Insgesamt sind Tausende Häuser und Straßen vom Hochwasser betroffen, 360 Schulen sind geschlossen.

Warnung vor politischen Folgen der Flut

Polens Regierungschef Donald Tusk warnte vor den dramatischen Folgen der Flutwelle. Die Pegel der Weichsel seien an einigen Orten höher als jemals in den vergangenen 160 Jahren, sagte Tusk am Donnerstag nach einer Sitzung des Krisenstabes in Warschau. Nach Regierungsangaben könnten sich die Hochwasserschäden auf zwei Milliarden Euro summieren. Tusk sprach sich aber dagegen aus, in den betroffenen Gebieten formell den Notstand auszurufen. Das wäre "in politischer Hinsicht abenteuerlich", sagte der Ministerpräsident. In Polen soll am 20. Juni ein neuer Staatspräsident gewählt werden. Würde der Notstand ausgerufen, müsste die Wahl laut Gesetz auf den Herbst verschoben werden.

Autor: Herbert Peckmann (dpa)
Redaktion: Ursula Kissel