1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wieder ein Berliner Spitzen-Showdown

27. Oktober 2015

Seehofer gegen Merkel, Seehofer gegen Österreich - ruppiger denn je ist der Ton des bayerischen Ministerpräsidenten, wenn es um die Flüchtlingskrise geht. Nun soll es ein Koalitionsgipfel richten - wieder einmal.

https://p.dw.com/p/1Gv4Y
Bundeskanzlerin Deutschland Horst Seehofer und Angela Merkel in Berlin (Foto: picture-alliance/dpa/R. Jensen)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Angesichts des großen Flüchtlingsandrangs an der bayerisch-österreichischen Grenze wollen die Spitzen der Koalition laut einem Bericht am Wochenende zu einem Krisengipfel zusammenkommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffe sich am Samstag zunächst mit Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), am Sonntag folgten dann gemeinsame Beratungen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

Über die Grenze zwischen Österreich und Bayern gelangen derzeit jeden Tag tausende Flüchtlinge. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums sind seit Anfang September schon mindestens 318.000 Menschen in den Freistaat gekommen. Seehofer verlangt von Österreich, die Flüchtlinge nicht einfach weiterreisen zu lassen. "Dieses Verhalten Österreichs belastet die nachbarschaftlichen Beziehungen", sagte Seehofer. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte Österreichs Vorgehen "skandalös". In der "Passauer Neuen Presse" forderte Seehofer Merkel auf, bis zum 1. November bayerische Forderungen nach einer Begrenzung des Flüchtlingszuzugs umzusetzen; andernfalls behalte Bayern es sich vor, auf eigene Faust zu handeln.

"Bayerische Notwehr"

Mit diesem Ultimatum hat Seehofer den Konfrontationskurs gegen Merkel noch einmal intensiviert. Auf Nachfrage wollte Seehofer in dem Interview ausdrücklich nicht ausschließen, dass Bayern die Grenze nach Österreich dicht machen oder Flüchtlinge unabgesprochen in andere deutsche Bundesländer weitertransportieren könne. Der CSU-Chef brachte erneut "bayerische Notwehr" ins Spiel: Sollte die Bundesregierung seine Position nicht übernehmen, "müssen wir überlegen, welche Handlungsoptionen wir haben".

Der CSU-Chef fügte hinzu, die "wichtigste Maßnahme, die sofort zu treffen wäre", wäre ein Telefonat Merkels mit Österreichs Kanzler Werner Faymann. Merkel und Faymann hätten in einem Telefongespräch Anfang September die "Politik der offenen Grenzen" eingeleitet. "Das kann und muss die Bundeskanzlerin beenden."

Flüchtlinge in Achleiten an der bayerisch-österreichischen Grenze (Foto: Reuters/M. Rehle)
Flüchtlinge in Achleiten an der bayerisch-österreichischen GrenzeBild: Reuters/M. Rehle

Merkel ließ die Forderung an sich abprallen. "Wir können den Schalter nicht mit einem Mal umdrehen, sondern müssen Schritt für Schritt vorgehen", sagte die Kanzlerin in Berlin. Sie pflege "konstante Kontakte" nach Österreich, "heute schon wieder, morgen und übermorgen auch." Der österreichische Kanzleramtsminister Josef Ostermeyer hatte bereits zuvor darauf verwiesen, Faymann stehe in "engstem Kontakt" mit Merkel.

"Eine lächerlich geringe Zahl"

Unterdessen kritisierte auch die deutsche Bundespolizei Österreich: Ihr Sprecher Frank Koller warf dem Nachbarland vor, weiterhin viel zu niedrige Flüchtlingszahlen für den Grenzübertritt in Niederbayern voranzumelden. Im Grenzgebiet herrschen stellenweise seit Tagen chaotische Zustände, weil Österreich laut den deutschen Behörden deutlich mehr Menschen zur Grenze bringt als angekündigt. Ein österreichischer Polizeisprecher verwies im Gegenzug darauf, dass täglich mehr als 10.000 Flüchtlinge aus Slowenien nach Österreich kämen. Bayerische Forderungen nach einer Begrenzung seien unrealistisch. "Da kann Bayern nicht sagen, es übernimmt nur 50 Leute pro Stunde", sagte Sprecher David Furtner. "Das ist eine lächerlich geringe Zahl, es ist eigentlich ein Witz."

sti/kle (afp, dpa, rtr)