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Flüchtlingszahlen machen Politik Beine

3. August 2015

Ein Krisentreffen von Bund und Ländern wird vermutlich auf September vorgezogen. Dass es dabei ums Geld für die Unterbringung der Flüchtlinge gehen wird, ist klar. Viel wichtiger: Der nächste Winter kommt bestimmt.

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Zentrale Aufnahmestelle des Landes Berlin für Asylbewerber (Foto: Getty Images/S. Gallup)
Bild: Getty Images/S. Gallup

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen wird es womöglich bereits im September ein weiteres Krisentreffen von Bund und Ländern geben. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich offen für den Vorschlag von CSU-Chef Horst Seehofer, die für Oktober oder November geplanten Gespräche im Kanzleramt vorzuziehen. "Wir werden das in diesen Tagen mit den Bundesländern diskutieren", sagte Altmaier im ZDF.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (Foto: S. Gallup/Getty Images)
Kanzleramtsminister Peter AltmaierBild: S. Gallup/Getty Images

Bayerns Ministerpräsident hatte am Sonntag angemahnt, die Probleme bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge rasch zu lösen. Für ein weiteres Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könne man sich nicht bis Oktober oder November Zeit lassen. Wenn erst einmal die kalte Jahreszeit erreicht sei, sei es zu spät. "Denn im Winter können Sie keine Zelte aufstellen", erklärte Seehofer. "Wir müssten Zwangseinweisungen in öffentliche Einrichtungen machen, und dann wird es nicht mehr gemütlich. Das möchte ich vermeiden."

Seehofer will zwei Milliarden Euro für die Länder

Seehofer verlangte zudem, dass der Bund den Ländern mehr Geld zur Verfügung stellt: "Wir haben in diesem Jahr einmalig eine Milliarde bekommen." Das müsse der Bund mindestens verdoppeln. Zu der Forderung äußerte sich Altmaier zurückhaltend. Die Milliarde sei vor allem für die Kommunen bestimmt. "Wir hoffen, dass das Geld dann dort auch ankommt", sagte der Chef des Kanzleramts. Bund und Länder hatten bei ihrem letzten Flüchtlingstreffen im Juni vereinbart, dass sich der Bund ab 2016 dauerhaft an der Finanzierung beteiligt.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (Foto: picture-alliance/dpa)
Bayerns Ministerpräsident Horst SeehoferBild: picture-alliance/dpa

Altmaier drang auch auf eine Beschleunigung der Asylverfahren. Er sei optimistisch, die Bugwelle von rund 240.000 offenen Anträgen abzubauen. Ziel sei eine Verkürzung der Verfahren, so dass das Asylrecht wahrgenommen und Missbrauch bekämpft werden könne, erklärte er. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums werden Verfahren für Asylbewerber mit besonders hoher oder niedriger Anerkennungschance inzwischen beschleunigt bearbeitet. Das sorge für eine Verlängerung der Verfahren für andere Flüchtlinge, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Wenig Chancen auf Anerkennung haben derzeit Flüchtlinge vom Westbalkan, besonders aus sogenannten sicheren Herkunftsländern wie Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Hohe Chancen haben Kriegsflüchtlinge aus Syrien oder Eritrea. Für Asylbewerber aus Ländern wie der Ukraine soll sich die Verfahrensdauer verlängert haben.

Einwanderungsgesetz bleibt umstritten

Derweil wird der Ton in der Debatte über ein mögliches Einwanderungsgesetz in Deutschland rauer. Der Grünen-Innenexperte Volker Beck warf Seehofer Populismus vor. Alle Parteien außer der CSU seien sich einig, dass Deutschland mehr Fachkräfte brauche, sagte Beck in Berlin. Der Mikrozensus 2014 habe ergeben, dass die Zahl der Einwanderer in Deutschland zunimmt. "Wir können uns aber nicht darauf verlassen, dass das so bleibt, wenn wir nicht heute die Weichen stellen, damit Deutschland für Einwanderinnen und Einwanderer attraktiv bleibt." Seehofer hatte sich zuvor gegen ein neues Einwanderungsgesetz ausgesprochen. "Ein Einwanderungsgesetz, das zu mehr Einwanderung nach Deutschland führen würde, wird mit der CSU nicht infrage kommen", sagte Seehofer. Stattdessen müsse über den "gewaltigen Missbrauch des Asylrechts" gesprochen werden.

Grünen-Innenexperte Volker Beck (Foto: picture-alliance/dpa/Karlheinz Schindler)
Grünen-Innenexperte Volker BeckBild: picture-alliance/dpa/Karlheinz Schindler

Dagegen betonte Beck, ein Einwanderungsgesetz dürfe sich nicht in der Schaffung von Einwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte erschöpfen. "Es muss eine Antwort auf die Herausforderungen des demografischen Wandels geben." Deshalb schlage die Grünen-Fraktion ein kriteriengesteuertes System der Arbeitsmigration vor, um die bestehenden Regelungen zu ergänzen. "So könnten endlich mehr als nur eine Handvoll qualifizierte und hochqualifizierte Menschen einwandern, ohne bereits vor der Einreise einen Arbeitsplatz nachzuweisen." Auch Altmaier widersprach Seehofer in Teilen. "Klar ist: Man kann den Fachkräftemangel in Deutschland nicht über das Asylrecht lösen - das sind völlig verschiedene Dinge, und das weiß auch die CSU", sagte er der "Bild"-Zeitung.

sti/stu (dpa, epd, kna)