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Folter-Videos erschüttern Georgien

19. September 2012

"Vergewaltigt das System", "Vergewaltigt mich" - die Empörung der Demonstranten gegen schockierende Videos über Folter in Haft bricht sich Bahn. Präsident Saakaschwili muss mitten im Wahlkampf um sein Image kämpfen.

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Demonstranten in Tiflis mit Plakaten: "Rape me" (foto:reuters)
Bild: DW

Der oppositionelle Sender TV9 hatte die Protestwelle in der Ex-Sowjetrepublik Georgien ausgelöst: Ein Häftling wird in einem Gefängnis der Hauptstadt Tiflis offenbar mit einem Stock vergewaltigt, er winselt um Gnade - Videoaufnahmen davon waren am Dienstag ausgestrahlt worden. Ein vom Innenministerium verbreitetes Video zeigte zudem, wie Häftlinge von Gefängniswärtern brutal getreten werden. Seitdem hören die Proteste nicht mehr auf. Demonstranten ziehen durch Tiflis und blockieren den Verkehr. Sie prangern staatliche Willkür an und verlangen eine unabhängige Untersuchung.

Oligarch fordert Staatschef Saakaschwili heraus

Der Skandal trifft Präsident Michail Saakaschwili zu einem für ihn denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Knapp zwei Wochen vor wegweisenden Parlamentswahlen spitzt sich der Wahlkampf zu. Der Milliardär und Oligarch Bidsina Iwanischwili fordert mit seinem Parteienbündnis den Staatschef heraus und drängt auf einen Machtwechsel in der Kaukasus-Republik.

Saakaschwili griff sofort und massiv durch. Die für die Gefängnisse zuständige Ministerin Chatuna Kalmachelidse reichte ihren Rücktritt ein. Drei Vollzugsbeamte wurden verhaftet, 15 andere festgenommen. Beamte seien von einem Häftling dafür bezahlt worden, den Missbrauch zu inszenieren und zu filmen, teilte das Innenministerium mit. Der Häftling habe Kontakt zu Oppositionsführer Iwanischwili gehabt, wurde behauptet. Dieser dementierte umgehend.

Verschwörung der Opposition?

Der prowestliche Saakaschwili hatte sich durch radikale Maßnahmen gegen das staatliche und juristische Personal, durch Säuberungen in Justiz und Polizei in Georgien als Retter gegen Korruption und Willkür profilieren wollen. Sein Führungstil war immer umstritten. Jetzt drohen ihm die Felle davonzuschwimmen. Saakaschwili zeigte sich "schockiert", sprach aber auch von einem "Komplott" der Opposition. Etwas hilflos erschien da seine Anweisung, Polizeistreifen in die Gefängnisse zu entsenden, um Rechtsverstöße zu verhindern...

SC/gmf (afp, dapd, dpa)