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Formel 1 und Folter

Daniel Scheschkewitz19. April 2012

Trotz massiver Menschrechtsverletzungen in Bahrain war am Sonntag die Königsklasse des Motorsports zu Gast. Das beliebte Formel-1-Rennen hat ein Folterregime aufgewertet, meint Daniel Scheschkewitz.

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Es ist ein zutiefst gespaltenes Land, in dem die Formel 1 an diesem Sonntag zu Gast war. Seit Beginn der Proteste im Februar 2011 sind bei den Auseinandersetzungen zwischen der mehrheitlich von Sunniten unterstützten Staatsmacht und der von Schiiten dominierten Opposition fast 50 Menschen ums Leben gekommen.

Bahrains König Hamad bin Isa Al-Khalifa verhängte das Kriegsrecht und ließ den Aufstand mit Hilfe Saudi-Arabiens brutal niederschlagen. Zahlreiche Aktivisten befinden sich seitdem in Haft, manche von ihnen in einem lebensgefährlichen Hungerstreik. Vor allem die Angehörigen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit leiden unter sozialer Ausgrenzung und politischer Repression. 

Scheschkewitz, Daniel.DW, Deutsche Welle, Deutschland/Chefredaktion REGIONEN, Hintergrund Deutschland. Foto DW/Per Henriksen 15.02.2011 #DW1_2574
DW-Redakteur Daniel ScheschkewitzBild: DW

Proteste erneut aufgeflammt

Auch in diesen Tagen wird in Bahrain wieder gegen die Staatsgewalt und das Herrscherhaus protestiert. Die Proteste finden vor allem in den streng abgeriegelten Dörfern außerhalb der Hauptstadt Manama statt, die vor allem von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit  bewohnt werden.  Die Opposition hat die Proteste "Tage des Zorns" genannt, die sich allerdings nicht gegen die Teilnehmer des Rennens richteten, sondern gegen ein Regime, das mit der Durchführung dieses medialen Großereignisses seiner internationalen Isolierung zu entgehen versucht. Das hinderte den von der Herrscherfamilie gesteuerten Staatsapparat jedoch nicht daran, im Vorfeld der Veranstaltung mit Waffengewalt gegen die Demonstranten vorzugehen.  Ja, es lieferte ihm sogar den zynischen Vorwand für sein brutales Vorgehen. Schließlich mussten die Demonstranten ja von der Formel-1-Strecke ferngehalten und die Sicherheit des Grand Prix Rennens gewährleistet werden. Wenn die PS-starken Motoren nicht aufheulen, sind millionenschwere Sponsorengelder in Gefahr. Dabei schrecken die Sicherheitskräfte offenbar vor nichts zurück. Im Vorfeld des Grand Prix rollte eine Verhaftungswelle durch das kleine, aber strategisch wichtige Land. Nach Angaben der Opposition wurde sogar ein Gebäude der Formel 1 zu  Folterzwecken missbraucht. 

Folter und Verhaftungen

Unter diesen Umständen ein solches Sportereignis abzuhalten, grenzte an Menschenverachtung.  Im vergangenen Jahr war das Rennen wegen der schweren Ausschreitungen in der Hauptstadt Manama abgesagt worden. Die Sicherheitsbedenken waren zu groß. Dieses Mal hatte sich der Automobilweltverband FIA anders entschieden. Offenbar ist die finanzielle Abhängigkeit vom Herrscherhaus zu groß. Damit haben die Veranstalter einem repressiven Diktator die Hand gereicht, denn geändert hat sich an den Verhältnissen in Bahrain so gut wie nichts. Für die blutige Niederschlagung des Aufstands im vergangenen Frühjahr wurde niemand zur Verantwortung gezogen. Der auf internationalen Druck zustande gekommene nationale Dialog glich einer Farce. In Bahrain werden weiterhin Menschenrechte verletzt, daran lässt auch der in dieser Woche veröffentlichte Bericht von Amnesty International nicht den geringsten Zweifel.

Menschenrechtsverletzungen trotz Weltöffentlichkeit

Die Opposition hat versucht den Grand Prix ihrerseits zu nutzen, um die Weltöffentlichkeit auf die schweren Menschrechtsverstöße und das Unrecht im Land hinzuweisen. Das ist angesichts der herrschenden Verhältnisse nur allzu verständlich. Prompt hat der König unter dem Druck der Straße und im Rampenlicht der Kameras Besserung gelobt. Ob die Reformn tatsächlich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.

Die Hoffnung der Formel-1-Veranstalter, mit der Durchführung des Rennens auch einen positiven Einfluss auf die Menschenrechtslage im Lande ausüben zu können, hat sich schon bei anderen sportlichen Großereignissen als trügerisch erwiesen. Die Olympischen Spiele in Peking im Jahr 2008 haben rückblickend gar nichts zur Verbesserung der Menschenrechtslage beigetragen. So gesehen, hätte die Formel 1 Bahrain auch in diesem Jahr besser weiträumig umfahren.