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Formgebung und Markenkern

Thomas Kohlmann17. Juni 2016

Seit mehr als 60 Jahren hat sich der Rat für Formgebung dem deutschen Design verschrieben. Zum jährlich verliehenen Deutschen Design Preis kommt jetzt der German Brand Award dazu. Die DW zählt zu den Gewinnern.

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BMW i8 Hybrid
Freude am Fahren im 21. Jahrhundert? BMW Hybrid i8Bild: picture-alliance/dpa

Wettbewerbsfähige Produkte mit gutem Design herstellen und in alle Welt exportieren - mit dieser Strategie sollte die deutsche Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf die Füße kommen und an die Erfolge früherer Jahrzehnte anknüpfen. So jedenfalls schwebte das den Abgeordneten des ersten Bundestages 1951 vor, die damals die Gründung einer Stiftung anregten. Zwei Jahre später war es soweit und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hob mit einer Reihe von Unternehmen im Frühjahr 1953 den Rat für Formgebung aus der Taufe. Heute sind dort mehr als 230 designorientierte Unternehmen aus den verschiedensten Branchen organisiert.

Die Unternehmen fit zu machen, um auf dem Weltmarkt zu bestehen - das vor allem war am Anfang das Hauptanliegen der Frankfurter Design-Förderer. "Sie wollten deutsches Design promoten, und es nach vorne bringen", bringt es der Hauptgeschäftsführer des Rates für Formgebung, Andrej Kupetz, auf den Punkt. Nach wie vor gehört dazu die internationale Darstellung deutschen Designs auf Weltausstellungen und die Auslobung von Designpreisen.

Erstmals wurde in diesem Jahr neben dem traditionellen Design-Preis auch ein Preis für Markenführung vergeben. Bei der Preisverleihung am Donnerstag (16.06.2016) in Berlin stand auch die DW mit auf dem Siegertreppchen: Für den neuen DW-Markenclaim "Made for Minds" gab es Gold in der Kategorie Industry Excellence in Branding/Media. Die Launch-Kampagne für das Projekt "Local Heroes" wurde Sieger in der Kategorie Brand Campaign/Social Media & Virals.

Marken-Design immer wichtiger

"Seit einigen Jahren merken wir einfach, dass wir das Thema Design nicht mehr losgelöst betrachten können von der Markenausrichtung, von der Markenstrategie in den Unternehmen. Weil vor allem durch die Globalisierung und Internationalisierung der Unternehmen - vor allem im Mittelstand - deutlich wird: Die Marke muss ganzheitlich betrachtet werden, Design ist ein Teilaspekt dessen. Design ist die Umsetzung, die Visualisierung der Markenstrategie." Und damit gleiche die Marke, so Kupetz, einem Gesamtkunstwerk. Deshalb also der German Brand Award.

Das Thema Marke sei übergreifender, umfassender, als die Frage nach dem reinen Produkt-Design, sagt Kupetz. "Da geht es um die Frage. Wo positioniere ich mich als Unternehmen. Welche Idee habe ich eigentlich, die hinter meinen Produkten steht?"

Apple etwa habe als Marke für den Verbraucher erkennbar tolle Produkte, ein iPhone oder ein iPad etwa. Doch das Entscheidende sei, dass Apple eine gute Story habe, die Steve Jobs vor Jahrzehnten mit "Think different " auf den Punkt gebracht habe. Um Erfolg zu haben, predigte Jobs, müsse man Träume statt bloß Produkte verkaufen. Und da kam auch bei den Silicon-Valley-Pionieren deutsches Design in den Sinn. Als Apple 1984 Jahre seinen Macintosh Desktop-Computer IIc herausbrachte, bestand Apple-Gründer Jobs darauf, den Rechner von dem deutschen Designer Hartmut Esslinger entwerfen zu lassen, der sich zuvor als Produktdesigner bei Fernsehern einen Namen gemacht hatte. Später entwickelte Esslinger mit seiner Firma Frog-Design für Microsoft die Oberfläche von Windows XP.

Steve Jobs mit Apple iPhone
Vorbild Braun-Design: Steve Jobs präsentiert im Januar 2007 das iPhoneBild: picture alliance/AP Images/P. Sakuma

Auch beim ersten iPhone stand die Formgebung eines deutschen Designers Pate: der analoge Taschenrechner der deutschen Design-Schmiede Braun, entworfen von Dietrich Lubs unter Braun-Chefdesigner Dietmar Rams, der rund vier Jahrzehnte lang die Produkte des Elektronikgeräte-Herstellers maßgeblich geprägt hat.

Denke anders, mach' es anders als die anderen - das sei bis heute der Markenkern von Apple, erklärt Kupetz. "Alles, was Du in einem Unternehmen machst, sollte einer Strategie, einem Kern folgen. Und ob Du das jetzt in Deinen Angeboten tust, mit Deinen Produkten, Deinen Botschaften, die Du sendest Richtung Verbraucher, Richtung Kunden, das muss alles stringent sein. Das muss geführt werden und da ist das Produkt-Design am Ende nur ein Teil-Aspekt."

Braun Taschenrechner ET 44
Braun Taschenrechner ET 44 (1987)Bild: Braun

Geburtsstunde des Deutschen Industrie-Designs

Michael Thonet aus Boppard am Rhein hat im Grunde das Industrie-Design in den 1830er Jahren mit seinen sogenannten Bugholzstühlen erfunden, die lediglich aus sechs einzelnen Holzteilen und acht Schrauben bestanden und nach dem Umzug der Firma nach Wien über viele Jahrzehnte 50 Millionen mal produziert und weltweit verschifft wurde. "Diese Idee der Einfachheit, der Simplizität, das ist natürlich eine der Kernaussagen des deutschen Designs, die aber auch das Problem hat, dass sie nicht so richtig indentifizierbar oder zuzuordnen ist, wie etwa italienisches Design."

Zu den weltweit bewunderten deutschen Marken mit prestigeträchtigen Produkten gehören vor allem deutsche Autobauer wie Mercedes, BWW oder Porsche. BMW versuche mit seinem Slogan "Freude am Fahren" genauso wie Mercedes mit dem Leitspruch von Gottfried Daimler "Das Beste oder nichts", seinen Markenkern in den Köpfen der Verbraucher zu verankern.

Stuhl Thonet Nr. 14
Millionen mal produziert: Thonet-BugholzstuhlBild: picture-alliance/dpa

Doch auch andere Firmen sind in Sachen Markenstrategie äußerst erfolgreich, meint Kupetz. Vorwerk etwa sei "eine Marke, die zur Zeit voll abgeht. Vor einigen Jahren hätte ich gedacht, Vorwerk, das ist echt vertrocknet mit Staubsaugern, die "Kobold" heißen. Dabei sind sie fast nebenbei mit einem Produkt, dass sie Thermomix nennen und in Kreisen von Profiköchen wie Ferran Adrià in Barcelona bis zur kochenden, berufstätigen Mutter um die Ecke zum Kultprodukt geworden und an der Pomadigkeit des Kobold-Staubsaugers völlig vorbeigezogen. Das ist schon ziemlich gigantisch."

Mit Kobold und Thermomix zum Milliarden-Unternehmen

"Das finde ich faszinierend zu sehen, dass sie eine Marke sind, die ganz verschiedene Geschäftsbereiche hat, die wenig miteinander zu tun haben, Kobold ist so ein Element und Thermomix ist ein anderes Element. Und es ist hochinteressant, dass sie jetzt begonnen haben, sich intensiv mit einem übergreifenden Marken-Design zu beschäftigen, was sie vorher nicht betrieben haben. Jetzt sagen sie: Wir versuchen über die Geschäftsbereiche hinaus, die sehr eigenständig sind, doch ähnliches Design zu machen, um dem Kunden auch dieses Gesamt-Erlebnis 'Vorwerk' zu ermöglichen."

Bereits jetzt schwimmt das Familienunternehmen aus Wuppertal auf einer Erfolgswelle. Mit seinen Luxus-Küchenmaschinen, Staubsaugern und dem Bereich Kosmetik stieg der Gruppen-Umsatz im vergangenen Jahr um 23,9 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Mit einem Umsatzplus von knapp 50 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro sei dabei der Verkauf der Küchenmaschine Thermomix mittlerweile das wichtigste Geschäftsfeld des mehr als 130 Jahre alten Unternehmens, berichtete Vorwerk-Gesellschafter Rainer Christian Genes Ende Mai. Weltweit wird das Modell bereits in 13 Ländern verkauft. Allein in Deutschland habe sich 2015 der Umsatz mit der mehr als 1000 Euro teuren Küchenmaschine mit einem Plus um 90,6 Prozent auf 429 Millionen Euro nahezu verdoppelt, berichtete Genes. Und demnächst starten die Wuppertaler den Thermomix-Verkauf in den USA. Dort ist geplant, die bei Vorwerk üblichen Verkaufspartys im Internet zu übertragen, um auch weiter entfernt wohnenden Kunden die Teilnahme am Markenerlebnis zu ermöglichen.

Vorwerk
Vorwerk-Zentrale in Wuppertal: Milliarden-Umsätze mit Staubsaugern und KüchengerätenBild: Vorwerk