1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Forscher, Abenteurer und Vermesser der Welt

6. Mai 2009

Alexander von Humboldt war ein Universalgenie. Sein Denken war grenzenlos. Aber er war auch Lebemann, der die Geselligkeit in den Salons liebte. Sein Bruder Wilhelm warf ihm einmal vor, zu sehr pariserisch zu werden.

https://p.dw.com/p/Hkdx
Der junge Alexander von Humboldt (foto: picture alliance/dpa)
Der junge Alexander von HumboldtBild: ullstein bild - Granger Collection

Alexander von Humboldt konnte so ziemlich alles. Er war kein Spezialist, sondern in den meisten naturwissenschaftlichen Disziplinen zu Hause. Er genießt, wie sein zwei Jahre älterer Bruder Wilhelm, eine hervorragende Ausbildung. Dafür investiert seine Mutter sehr viel Geld. Die besten Hauslehrer werden engagiert, alle folgen sie dem aufklärerischen Gedanken dieser Zeit. Der Mensch soll sein Leben und Denken selbst bestimmen und sich nicht an Zwängen der Obrigkeit orientieren. So wächst Alexander auf. Saugt alles, was ihn interessiert, wie ein Schwamm auf. Studiert Staatswirtschaftslehre, Altertumswissenschaften und Medizin, Physik, Mathematik, Botanik.

Schon als Kind sammelte Alexander von Humboldt leidenschaftlich Käfer, Pflanzen und Steine. Sein Spitzname damals: 'der kleine Apotheker' (foto: AP)
Schon als Kind sammelte Alexander von Humboldt leidenschaftlich Käfer, Pflanzen und Steine. Sein Spitzname damals: 'der kleine Apotheker'Bild: AP

Vermessung der Erde

Alexander von Humboldt interessiert als Naturforscher weniger das Detail als vielmehr die Frage, wie das Ganze, das gesamte Ökosystem Erde funktioniert. Doch dafür muss er die Details kennen und verstehen. Die Bedeutung der Astronomie, der Geologie, Mineralogie, Klimaforschung oder der Ozeanographie. Dass er dafür nicht in Berlin bleiben kann, weiß Humboldt schon recht früh. Er knüpft Kontakte zu Wissenschaftlern, die die Welt bereisen. Georg Forster ist einer von ihnen. Mit ihm unternimmt Humboldt seine erste Expedition. Von Mainz geht es über den Niederrhein nach England. Und diese kleinere Forschungsreise weckt in ihm den großen Wunsch, die Welt zu erobern, sagt der Humboldt-Biograph Manfred Geier. "Das Schlüsselerlebnis findet statt, als er mit Georg Forster, dem Weltreisenden das Meer sieht. Und dieses Meer lockt ihn in die Ferne."

Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland beobachten den Meteoritenschauer der Leoniden (foto: Ullstein Bild)
In Cumaná, Venezuela beobachtete Humboldt (hier mit Aimé Bonpland) in der Nacht vom 11. auf den 12. November 1799 einen Meteroitenschauer der Leoniden. Seine Beschreibung führte später zu der Erkenntnis, dass diese Sternschnuppen regelmäßig, immer um die gleiche Zeit, 'vom Himmel regnen'Bild: Ullstein Bild - Granger Collection

Raus in die Welt

Als seine Mutter 1796 stirbt – Alexander ist 27 Jahre alt – erbt er ein großes Vermögen. Damit kann er sich den Traum, die Welt zu bereisen, endlich erfüllen. Er quittiert sofort den Staatsdienst und bereitet sich drei Jahre lang auf seine große Forschungsreise nach Amerika vor. Sein Begleiter ist der Botaniker Aimé Bonpland. 1799 starten sie ihre "Vermessung der Welt". Mit an Bord die modernsten Instrumente, die es zu dieser Zeit gibt: unter anderem Sextanten, Teleskope, diverse Fernrohre, eine Längenuhr, ein Hyetometer, Elektrometer, Hygrometer, Barometer und verschiedene Thermometer. In einem Brief schreibt er: "Ich werde Pflanzen sammeln, mit vortrefflichen Instrumenten astronomische Beobachtungen machen können (...) das alles ist aber nicht Hauptzweck meiner Reise. Auf das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluss der unbelebten Schöpfung auf die belebte Tier- und Pflanzenwelt, auf diese Harmonie sollen stets meine Augen gerichtet sein!"

Die Reiseroute durch Amerika
Die Reiseroute durch Amerika

Expedition Amerika

Von Spanien aus geht es über die Kanarischen Inseln nach Kolumbien, Ecuador, Mexiko, Kuba, Venezuela und Peru. Er durchwandert die Anden, Monate lang, tausende von Kilometern. Ein Höhepunkt, sagt Manfred Geier, sei der 20. Juni 1802 gewesen, als er den Vulkan Chimborazo besteigt, der damals als der höchste Berg der Welt galt. "Er war zusammen mit seinen Begleitern fast oben. Es kam ihm schon das Blut aus den Augen, er war über 6000 Meter hoch, bevor er an eine Spalte kam, 70 Meter breit und 170 Meter tief, über die sie nicht hinweggekommen sind."

Alexander von Humboldt und sein Begleiter Bonpland geraten mehrere Male in Lebensgefahr. Doch eine von Humboldts Maximen lautet: "Selbst erleben, selbst erleiden". Dazu gehören auch die ein oder anderen skurrilen wissenschaftlichen Selbstversuche. Für seine "Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser" fügt er sich Wunden zu und bringt sie mit allerlei giftigem Zeug, wie Zink oder Silber in Berührung.

Während der fünfjährigen Expedition durch Amerika ging es Humboldt prächtig. Er schrieb nach Hause: 'Die Tropenwelt ist mein Element, und ich bin nie so ununterbrochen gesund gewesen als in den letzten zwei Jahren. (...) Am Atabapo, wo die Wilden stets am Faulfieber leiden, widerstand meine Gesundheit unbegreiflich gut." (foto: picture alliance)
Während der fünfjährigen Expedition durch Amerika ging es Humboldt prächtig. Er schrieb nach Hause: 'Die Tropenwelt ist mein Element, und ich bin nie so ununterbrochen gesund gewesen als in den letzten zwei Jahren. (...) Am Atabapo, wo die Wilden stets am Faulfieber leiden, widerstand meine Gesundheit unbegreiflich gut."Bild: picture-alliance / akg-images

Humboldt wird zum Wissenschafts-Star

Am 3. August 1804 betreten Humboldt und Bonplan wieder europäischen Boden. Sie landen in Frankreich und werden frenetisch gefeiert. Humboldt entscheidet sich, erst einmal in Paris zu bleiben, das preußische Berlin lockt ihn nicht. Sein Bruder Wilhelm ermahnt ihn schließlich, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Das tut Alexander - wohl auch, weil das Geld knapp wird. Das preußische Königshaus bietet ihm die zu nichts verpflichtende aber gut bezahlte Stelle des königlichen Kammerherrn an, zum außerordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften wurde er bereits während seiner Amerika-Reise ernannt.

Auch in Berlin ist Alexander von Humboldt bis zu seinem Tod ein Star der Gesellschaft. Er wird gefeiert und verehrt wie ein Popstar. Humboldt verbringt den Rest seines Lebens damit, die unzähligen Pflanzen, Tiere, Fossilien, Steine und die Berge von Daten und Aufzeichnungen auszuwerten, die er aus Amerika mitgebracht hat. Sein berühmtes, mehrbändiges Werk "Der Kosmos" wurde schon kurz nach Erscheinen zum Bestseller. Alexander von Humboldt stirbt 90-jährig am 6. Mai 1859 in Berlin.

Autorin: Judith Hartl

Redakteur: Nils Naumann