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Anti-Arthritis-Protein entdeckt

Carla Bleiker / mak23. März 2014

Der Paul Ehrlich-Preisträger Michael Reth hat zusammen mit seinem Team ein Protein entdeckt, das für Autoimmunerkrankungen verantwortlich ist. Eine Labor-Maus verhalf ihnen zu diesem Erfolg.

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Tierversuche in Deutschland (Foto: picture alliance/ Rolf Kremming).
Bild: picture alliance/Rolf Kremming

Die Gelenke brennen, Hände und Füße schwellen an, die Beweglichkeit lässt nach. Ursache für die sogenannte rheumatische Arthritis ist die Zerstörung des Bindegewebes durch das Immunsystem des Patienten. In Deutschland leiden rund 800.000 Menschen daran - und damit immerhin fast ein Prozent der Bevölkerung.

Forschern des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg ist nun eine Entdeckung gelungen, die möglicherweise das Verständnis dieser und anderer Autoimmunkrankheiten verbessern kann.

Mehrfach begabte Zellen

Die Wissenschaftler - unter Leitung des Molekularbiologen Michael Reth - fanden heraus, dass Zellen schneller auf Reizsignale reagieren, die zu Krankheiten wie Arthritis führen können, und diese auch besser weiterverbreiten, wenn ihren B-Lymphozyten ein PTP1B genanntes Protein fehlt. Sind diese Proteine schwächer oder weniger zahlreich als normal, führt das zu einer heftigeren Autoimmunreaktion, durch die der Körper das zuvor gesunde Bindegewebe attackiert.

"Überraschend war, dass die B-Zellen auf diese Art und Weise daran beteiligt sind", sagte Reth im DW-Interview. "Bisher gingen wir davon aus, dass sie Antikörper produzieren, sobald sie aktiviert sind. Jetzt haben wir herausgefunden, dass sie offenbar für das Immunsystem grundsätzlich eine stärkere regelnde Funktion haben können."

Rheumatoide Arthritis (Foto: picture alliance/ Okapia).
Bei Patienten mit Gelenkrheuma sind die Hände häufig die am schlimmsten betroffenen KörperteileBild: picture-alliance/Okapia

PTP1B ist ein sogenannter Gatekeeper - eine Art Pförtner. Wenn es in voller Stärke vorliegt, hindert toxische Signale an der Verbreitung. So bewahrt es den Körper davor, sein eigenes Gewebe anzugreifen, wie es bei Patienten mit Gelenkrheuma geschieht.

Noch keine Heilung in Sicht

Die Wirkungsweise des Proteins herauszufinden, sei eine wichtige Entdeckung gewesen, sagt Michael Reth. Doch sie führe nicht unmittelbar zu einer Möglichkeit, Arthritis zu heilen. Dafür müssten die Wissenschaftler das PTP1B-Protein künstlich stimulieren können, aber eine solche Methode hätten sie noch nicht gefunden.

In der Pharmaindustrie würden zwar viele Hemmstoffe entwickelt, erklärt der Molekularbiologe. Aber Proteine in einem Patienten zu stimulieren oder gar entstehen zu lassen, das sei eine komplett andere Geschichte. "Es gibt kein Mittel, das so etwas bewirken könnte", so Reth. "Etwas in seiner Wirkung zu hemmen, ist für viele Forscher das Tagesgeschäft. Aber die Aktivität zum Beispiel eines Proteins zu verstärken, ist eine sehr schwierige Aufgabe."

Maus als Glücksbringer

Es gibt viel zu viele Proteine, als dass die Forscher jedes einzelne darauf untersuchen könnten, ob es Botenstoffe bremsen und dadurch Entzündungen verhindern kann. Das PTP1B-Protein haben Reth und sein Team auch nur rein zufällig gefunden.

Sie konnten die nützlichen Eigenschaften von PTP1B entdecken, weil sie mit einer speziellen Art von Maus arbeiteten, die eine andere Forschungsgruppe gezüchtet hatte. Die Mäuse waren genetisch so verändert, dass die Wissenschaftler das PTP1B-Protein aus den B-Zellen löschen und die auftretenden Folgen untersuchen konnten. "Und dann haben wir uns gesagt, 'Probieren wir es doch einfach mal aus!', erinnert sich Reth. "Es war also eigentlich nur die Verfügbarkeit des Materials und des genetischen Modells, die zum Start des Projekts geführt haben."