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Forschung und Ausbildung mit unternehmerischer Praxis

11. März 2010

Lehre, Forschung und Beruf sollen mehr ineinander übergehen. Wie das in der Praxis funktionieren kann, beantwortet Dr. Alexander von Gabain, Professor für Mikrobiologie.

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Dr. Alexander von Gabain (Foto: European Institute of Innovation and Technology)
Alexander von Gabain, Mitglied des Verwaltungsrates des EITBild: EIT

DW-WORLD.DE: Herr von Gabain, das European Institute of Innovation and Technology (EIT) hat seinen Sitz in Budapest. Wie sieht es bei Ihnen vor Ort aus? Gibt es einen Universitätscampus?

Dr. Alexander von Gabain: Wir sind derzeit provisorisch untergebracht auf der Burg von Budapest und schauen runter auf die Stadt. Es sind Räume in der Akademie der Wissenschaften. Aber damit kein Missverständnis entsteht: Budapest ist zwar das zukünftige Hauptquartier des EIT, wir sind aber nicht nur hier tätig. Von Budapest aus steuern wir die so genannten KICs. KIC heißt: Knowledge and Innovation Communities. Das sind Zentren in Europa, in denen Innovation, Forschung, Erziehung, Ausbildung, aber auch gleichzeitig unternehmerisches Umsetzen von Innovationen stattfinden wird.

Bedeutet das, dass Sie sich nicht als klassischen Universitätsbetrieb verstehen, sondern die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Forschungsinstituten und Wirtschaftsunternehmen fördern wollen?

Genau, wenn Sie einen Vergleich aus der modernen Geschäftswelt bemühen wollen, sind wir eine Art Holding hier in Budapest. Der Verwaltungsrat und unsere Kollegen, die das Tagesgeschäft hier führen werden, achten darauf, dass die von uns ausgewählten Zentren, diese so genannten KICs, in den verschiedenen Teilen Europas wirklich die Ziele erfüllen, die wir ihnen vorgegeben haben. Dafür unterstützen wir sie letztenendes dann auch.

Welche Projekte haben Sie denn ausgewählt?

Budapest: Blick von Fischerbastei/Burgberg auf Donau und Parlament an der gegenüber liegenden Pester Seite der Donau (Foto: J. Sorges)
Das EIT hat seinen Sitz im schönen BudapestBild: J. Sorges

Wir haben als erstes drei Projekte in Angriff genommen: Das erste widmet sich der Erschließung neuer und der besseren Nutzung bestehender Energien. Beim zweiten Thema geht es darum, Wege zu finden, um die Klimaveränderung zu verringern, und das dritte widmet sich der Informationstechnologie.

Wenn man sich so eine KIC vorstellt - zum Beispiel eine zum Thema Klimawandel - wie viele Partner sind denn daran beteiligt?

So eine KIC besteht aus vier bis sieben Zentren. Es soll zum Beispiel auch eine Ansiedlung der lokalen Kompetenz in einem Gebäude erfolgen. Wir nennen das Collocation Centres. Diese sind wiederum miteinander vernetzt und arbeiten an einem Thema zusammen. Wir streben auch sehr stark danach, dass es aus diesen Zentren heraus zu Firmengründungen kommt.

Welches Budget steht Ihnen denn für welchen Zeitraum zur Verfügung?

Wir haben für den Zeitraum der nächsten fünf Jahre über 300 Millionen Euro, von denen nur der kleinste Teil hier nach Budapest in das Steuerungszentrum geht. Der größte Teil geht in diese ersten drei ausgewählten KICs, von denen ich vorhin gesprochen habe. Sie müssen sich das so vorstellen: Wir pflanzen eine Art Samen, geben Geld für eine Art Ansaat, das diesen drei KICs hilft, sich über die nächsten fünf Jahre zu etablieren. Aber es ist unbedingt erforderlich, dass die KICs entsprechende Gegenfinanzierungen aus diesen Knotenpunkten, also den Collocation Centres, dazubekommen. Das sollen öffentliche Mittel sein, aber selbstverständlich auch aus privaten Händen, von richtigen Investoren oder von großen und kleinen Firmen, die da mitmachen. Unter diesen Gesichtspunkten haben wir die KICs auch ausgewählt.

Nun erinnert der Name EIT ja nicht von ungefähr an das berühmte MIT, das Massachusetts Institute of Technology in den USA. Das MIT gilt als eine der weltweit führenden Universitäten und am MIT studieren zurzeit über 10.000 Studenten, die schon früh in die Forschungsaktivitäten der Professoren eingebunden werden. Wie wird es mit der Lehre am EIT aussehen?

Das MIT oder das Caltech in Kalifornien waren historisch reine Universitäten. Wir sagen: Jetzt von vorne neu anzufangen und erstmal in Europa ein MIT aufzubauen, das braucht zu viel Zeit.

Wie funktioniert dann Lehre am EIT?

Bleiben wir, zum Beispiel, beim Thema Klima: Wir werden mit den Knotenpunkten, die diese KICs geformt haben, einen entsprechenden interdisziplinären Lehrgang entwickeln. Dabei ist es sehr wichtig, dass wir die jungen Studenten an das Thema Unternehmertum heranführen. Das tun heute leider viel zu wenige klassische Universitäten. Wir wollen den Studentinnen und Studenten sagen: 'Schau, es ist keine schlechte Idee, das mitzunehmen, was du in deiner Diplomarbeit machst. Versuche es in einem kleineren oder größeren Geschäftsplan umzusetzen und darauf etwas aufzubauen.'

Das Interview führte Andrea Steinert

Redaktion: Pouyeh Ansari