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Die "Fortis"-Bank bleibt in Belgien

Ruth Reichstein12. Februar 2009

Eigentlich wollte der belgische Staat die größte Bank des Landes, "Fortis", retten. Die Bedingung dafür war aber eine Teilverstaatlichung. Das wollten die Aktionäre nicht und haben gegen den Einstieg Belgiens gestimmt.

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Fortis-Bank von außen (Foto: AP/26.09.2008)
Die belgische "Fortis"-BankBild: AP

Zeitweise glich die Aktionärsversammlung der belgischen "Fortis"-Bank einer schlechten Theateraufführung: Immer wieder wurden die Vorstandsmitglieder während ihrer Stellungnahmen von Protesten unterbrochen.

Die Kleinaktionäre der letzten belgischen Großbank ließen ihre Stimmen hören und machten dem Bankenvorstand und der belgischen Regierung damit einen gehörigen Strich durch die Rechnung: Mit einer knappen Mehrheit von 51,3 Prozent stimmten sie gegen den Einstieg des belgischen und des niederländischen Staates bei ihrer Bank. Damit wurde auch der Weiterverkauf der Anteile der belgischen Regierung an die französische Bank "BNP Paribas" hinfällig.

"Fortis" soll bleiben

Die Aktionäre stellten sich damit gegen den Ausverkauf der belgischen Wirtschaft, sagt ein Anleger. "Was hier heute passiert ist, ist sehr wichtig für die belgische Wirtschaft und für das ganze Land." Alle großen Unternehmen seien entweder abgewandert wie der Ölkonzern "Petrofina" oder zusammengebrochen wie die Fluggesellschaft "Sabena". "'Fortis' sollte nicht auch noch verschwinden", erklärt der Anleger.

Das Logo der New Yorker Börse (Foto: AP/22.05.2006)
Von der New Yorker Börse nach Belgien: George UgeuxBild: AP

Möglich geworden war die Abstimmung durch den Widerstand von zahlreichen Kleinaktionärsverbänden in den Niederlanden und in Belgien. Sie hatten bei einem Brüsseler Gericht gegen den Alleingang der Regierung geklagt. Diese wollte im vergangenen Herbst ihre frisch erworbenen Anteile ohne die Zustimmung der Aktionäre an die französische Bank "BNP Paribas" verkaufen, wurde aber vom Gericht zurückgepfiffen.

Aktionäre sind froh über die Entscheidung

Die Vertreter der Aktionärsverbände sehen sich durch diese Entscheidung bestätigt. "Es gab keine faire Diskussion. Unsere Kunden und wir wurden unter Druck gesetzt – mit anonymen Briefen, richtig bedroht wurden wir. Für uns war es wichtig, dass die Leute möglichst viele Informationen bekommen, um die richtige Entscheidung zu treffen", sagt Pierre Nothomb vom belgischen Verband "Deminor". Aber die andere Seite sei an einer sachlichen Diskussion nicht interessiert gewesen.

Die belgische Regierung hatte die Aktionäre unter Druck gesetzt und angedroht, "Fortis" im Falle eines negativen Votums keine weiteren Kredite oder Bürgschaften mehr zu geben.

Die Angst bleibt

Wie es nun weiter geht, ist völlig unklar. Die Bank verfügt ohne die Unterstützung des Staates nicht über genügend Eigenmittel, um die Geschäfte weiter zu führen.

Der "Grande Place" in Brüssel
"Fortis" solle nicht auch noch aus Belgien verschwindenBild: EU

Immerhin wählten die Aktionäre gestern einen neuen Vorstand: Der Belgier Georges Ugeux, ehemaliger Vize-Präsident der New Yorker Börse, soll nun die Geschicke von "Fortis" lenken.

Bei vielen Aktionären herrscht weiterhin Angst vor noch größeren Verlusten. "Ein Zusammenbruch von 'Fortis' wäre ein soziales Drama – natürlich ist es auch schlimm für uns Aktionäre, aber die meisten haben noch andere Papiere. Wirklich dramatisch wird es für die Mitarbeiter und die Kunden von 'Fortis'", sagt eine Aktionärin.