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Fotografiert durch die Drohne

Arne Lichtenberg24. Juni 2012

Immer mehr Firmen in Deutschland nutzen Drohnen, also unbemannte Fluggeräte, verstärkt zur Überwachung. Allein in den letzten zwei Jahren sind an die 500 Drohnen-Einsätze bewilligt worden.

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Eine Drohne der sächsischen Polizei überwacht aus der Luft die Vorführung des Sondereinsatzkommandos (SEK). (Foto: dpa)
Bild: dapd

Vor etwa einem Jahr kreiste ein kleiner Flugkörper über Düren, einer Stadt im Westen Nordrhein-Westfalens. Langsam und bedächtig schwebte eine Drohne über einer ansässigen Schule. Aufgeregte Bürger, fragende Blicke und aufgescheuchtes Getuschel. Eine geheime miltärische Operation? Überwachung durch den Staat? Am Ende war die Aufregung halb so wild. Eine Foto- und Videoproduktionsfirma nutzte die Drohne für Aufnahmen aus luftiger Höhe mit 360-Grad-Rundumblick.

Doch der Vorfall in Düren ist kein Einzelfall. Immer häufiger wollen in Deutschland private Firmen Drohnen einsetzen, etwa um Luftbilder zu schießen, Karten zu erstellen oder weitläufige Solarparks, Industrieanlagen, Gasleitungen oder Großbaustellen zu überwachen. 500 Anträge auf Drohnen-Einsatz seien in den letzten beiden Jahren von Firmen, Unis oder Privatpersonen schon gestellt und die meisten davon auch genehmigt worden, heißt es in einem unveröffentlichten Bericht des Bundesverkehrsministeriums. "Drohnen sind billiger als sich beispielsweise einen Hubschrauber zu halten", begründet Wolfgang Wieland, Sprecher für innere Sicherheit der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen den Anstieg. "Nehmen wir beispielsweise an, die Deutsche Bahn würde das machen. Sie kann ihr Streckennetz viel einfacher mit einer Drohne überwachen als mit einem Helikopter."

Luftfahrtgesetz muss nachgebessert werden

Eine Drohne der Bundeswehr fliegt in der Luft (Foto: ap)
Auch die Bundeswehr benutzt DrohnenBild: AP

Die Polizei benutzt schon seit längerer Zeit mit Kameras bestückte Drohnen bei Fußballspielen, ebenso wie bei Protesten gegen den Castor-Transport oder um versteckte Hanfplantagen aufzuspüren. Aber auch Universitäten setzen Drohnen zu Forschungszwecken ein, um Waldschäden oder Bodenerosionen zu erkunden. Doch einige beschleicht bei der steigenden Zahl von Genehmigungen ein ungutes Gefühl: Seit Mai 2012 stehen die unbemannten Flugkörper erstmals explizit im deutschen Luftfahrtgesetz. Auf Intervention des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar musste nachgebessert werden. Ein entsprechender Passus wurde aufgenommen, der die Firmen dazu verpflichten soll, die Belange des Datenschutzes zu berücksichtigen. "Doch wie sie das tun und ob sie nein sagen, weiß man nicht", sagt Wieland.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland (Foto: dpa)
Wolfgang Wieland: "Es macht mir ein ungutes Gefühl"Bild: picture-alliance/dpa

Der Grünen-Politiker fürchtet, dass in Zukunft jeder, der sich in freier Natur bewegt, von den Drohnen abfotografiert werden könnte. Zwar haben die Firmen die Auflage und Einschränkung nur ihr Firmenareal abzufotografieren, "aber natürlich nehmen die auch die Gelände links und rechts der Strecke auf", merkt Wieland an.

Ulla Jelpke von der Linkspartei befürchtet, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter mithilfe dieser Drohnen beobachten könnten. "Es gibt keine Kontrollmechanismen darüber". Sie kritisiert auch die mangelnde Informationspolitik der Bundesregierung. "Wir als Abgeordnete bekommen leider auch keinerlei Informationen, zu welchen Zwecken die Drohnen eingesetzt werden".

Warnhinweise wo Drohnen unterwegs sind

Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei (Foto: Bundestag)
Ulla Jelpke: "Firmen könnten ihre Mitarbeiter ausspähen"Bild: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Der Beauftragte für den Bundesdatenschutz Peter Schaar wird die Anwendung des Gesetzes in Zukunft kontrollieren. Dort, wo Menschen gefilmt werden, gäbe es ein Datenschutzproblem, sagt Schaar. Seiner Meinung nach müssen Gebiete, in denen Drohnen unterwegs sind, mit Warnhinweisen ausgeschildert werden. "Eine verdeckte Videoüberwachung im öffentlichen Raum darf es nicht geben", betont Schaar.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfD), Peter Schaar (Foto: dapd)
Peter Schaar: "Keine verdeckte Videoüberwachung"Bild: dapd

Grundsätzlich dürfen die Fluggeräte das Gesamtgewicht von 25 Kilogramm nicht überschreiten und müssen sich zudem immer in Sichtweite des Steuerers bewegen. Ansonsten gibt es keinerlei Auflagen. Jede Firme, die ihr Firmenareal überwachen will, kann einen Antrag dafür stellen, und es spricht im Grunde auch nichts dagegen, diesen Antrag zu bewilligen. "Wir leben in einem freien Land. Jede Firma kann eine Drohne in die Luft schicken, wenn sie gute Gründe dafür hat", sagt Wieland. Allerdings dürfen private Grundstücke nur mit Zustimmung der jeweiligen Eigentümer überflogen werden.

Bei Wolfgang Wieland bleibt aber das ungute Gefühl bestehen. "Ich sage immer, das ist wie Google Earth, nur dass die Drohne direkt über die Hauskante und die Baumwipfel fliegen kann. Sie ist viel dichter dran und kann gestochen scharfe Bilder liefern." Allerdings wurden den deutschen Eigentümern und Mietern vor der Einführung von Google Street View noch spezielle Rechte eingeräumt. "Dort hatten wir noch die Chance, unsere Bilder vor dem Start verpixeln zu lassen. Nur: wenn ich das Filmen gar nicht merke, kann ich auch nichts dagegen unternehmen. Das Geräuschlose ist bei der Drohne das Gefährliche."

Ein verpixeltes Haus in Google Street View (Foto: Screenshot google.de)
Google Street View bot die Möglichkeit des Einspruchs und der VerpixelungBild: Screenshot google.de

Die Firma, die in Düren kurzfristig für Aufregung sorgte, hat übrigens eine Genehmigung für das ganze Bundesland Nordrhein-Westfalen bekommen. Wirtschaftlich lohnt es sich, die Firma zählt große Kunden zu ihren Auftraggebern. Auch im Bundesverkehrsministerium scheint man die neue Entwicklung als Chance für den Industriestandort Deutschland entdeckt zu haben. In seinem Bericht spricht man von "großen kommerziellen Möglichkeiten“ für deutsche Drohnenhersteller.