1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Frühjahrstagung in der Kritik

Sabine Kinkartz 12. April 2003

Auf der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank geht es um aktuelle Finanz-, Entwicklungs- und währungspolitische Fragen. Nicht-Regierungsorganisationen üben grundsätzliche Kritik an den Konferenzinhalten.

https://p.dw.com/p/3U1I
IWF und Weltbank haben nicht nur FreundeBild: AP

Der Krieg im Irak und seine Folgen spielen auch auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank (12./13.4.2003) eine zentrale Rolle. Das sei auch richtig, sagen die Nicht-Regierungsorganisationen "Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung" (World Economy, Ecology and Development - WEED), "Oxfam Deutschland" und "Erlassjahr.de". Doch dürften darüber die Belange der Entwicklungs- und Schwellenländer nicht vernachlässigt werden. Die Agenda der Frühjahrstagung steht seit langem fest. Zentrale Themen sollen unter anderem die Entschuldungsfrage und die geforderte stärkere Beteiligung von Entwicklungsländern in den Entscheidungsgremien beider Institutionen sein.

"One dollar – one vote"

James Wolfensohn
Weltbank-Präsident James WolfensohnBild: AP

Peter Wahl, Vorstandsmitglied von WEED, erklärt: "Die Stimmenverhältnisse bei IWF und Weltbank sind nicht nach dem Prinzip "ein Land - eine Stimme" wie bei den Vereinten Nationen organisiert, sondern nach dem Prinzip - salopp formuliert - "one dollar - one vote". Demnach haben die USA bereits 18 Prozent der Stimmen, womit in dieser Institution ihre herausragende Stellung deutlich wird." An zweiter Stelle kommen laut Wahl Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien. "Die Industrieländer zusammengenommen haben mehr als die Hälfte der Stimmen im IWF und in der Weltbank."

Die Entwicklungsorganisationen fordern darum eine grundlegende Demokratisierung der Institutionen: Mehr Stimmen und Sitze für Entwicklungs- und Schwellenländer in den Entscheidungsgremien, mehr Transparenz der Entscheidungsfindungsprozesse und eine Ausweitung der Kandidatenlisten für das Amt des jeweiligen Präsidenten. Diese, so kritisiert WEED-Projektleiterin Ann Kathrin Schneider, würden nicht demokratisch, sondern über ein "Gentlemen's Agreement" – eine inoffizielle Absprache - bestimmt.

Keine Rechtfertigung für Sperrminorität

Weltbank
Das Weltbank-Gebäude in Washington DCBild: AP

Kritik übt WEED an einem Positionspapier von IWF und Weltbank, das auf der Frühjahrstagung zur Diskussion steht. Danach soll die Zahl der Exekutivdirektoren zugunsten der Region Sub-Sahara Afrika von 24 auf 25 erhöht werden. Dies reiche aber nicht aus, so Schneider: "Mittlerweile finanzieren sich beide Institutionen hauptsächlich durch die Rückzahlung der Schulden und durch Zinszahlungen der Entwicklungs- und Schwellenländer, und nicht mehr durch die finanziellen Anteile der Industrieländer." Nach Ansicht von Schneider gibt es daher aus demokratischer und finanzieller Sicht keine Rechtfertigung mehr dafür, dass die Industrieländer so viel mehr Stimmen haben, und besonders die USA eine Sperrminorität in den Institutionen besitzen. Echten Reformwillen vermissen sowohl WEED als auch die Organisation Erlassjahr.de bei der Diskussion um die Entschuldung. So löse der Vorschlag eines Insolvenzverfahrens für zahlungsunfähige Staaten in Finanzkrisen das Schuldenproblem der Entwicklungsländer nicht wirklich. Allerdings wird das Papier auf der Frühjahrstagung wahrscheinlich sowieso am Veto der USA scheitern.

Kritisch bewerten die Organisationen auch die amerikanische Position beim Aktionsplan der Weltbank zur Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten in Entwicklungsstaaten. Weltweit gibt es 860 Millionen Analphabeten, davon sind zwei Drittel Frauen und Mädchen. 115 Millionen Kinder können nicht zur Schule gehen. Das Millenniumsziel "Bildung für Alle bis 2015" sei aber wegen politischer Einzelinteressen ins Stocken geraten, so Jörn Kalinski von Oxfam Deutschland: "Es ist nicht die Bereitschaft da, multilateral vorzugehen, sondern das Millenniumsziel wird gerade auch dafür eingesetzt, politische Willfährigkeit zu erzeugen." Es werde in denjenigen Ländern gefördert, die bereit sind, sich den politischen Interessen der Vereinigten Staaten mehr oder weniger unterzuordnen, sagt Kalinski.

Geringe Zahlungsbereitschaft

Horst Köhler, Direktor des Internationalen Währungsfonds, IWF
IWF-Chef Horst KöhlerBild: IWF

Nötig sei laut Kalinski von Oxfam Deutschland eine jährliche Aufstockung der Mittel um mehr als fünf Milliarden Euro. Bei derzeitigem Stand würde das Ziel sonst in mindestens 70 Ländern verfehlt. Bisher sind Programme in sieben Ländern bewilligt. "Leider ist die Zahlungsbereitschaft der Geberländer bisher weit hinter den Versprechungen und Erwartungen zurück geblieben. Diese ersten sieben Länder benötigen 430 Millionen US-Dollar in drei Jahren, um ihre Pläne umzusetzen. Und in diesem Fall 3,9 Millionen Kinder in die Schule zu bringen. 430 Millionen US-Dollar, das ist die Hälfte dessen, was ein Stealth-Armeebomber kostet." Bislang, so Kalinski, seien für die sieben Staaten aber lediglich 100 Millionen Dollar gesichert.