Fragen rund ums Judentum
Anregend, provozierend und aufwühlend - eine aktuelle Ausstellung will all die Fragen über das Judentum beantworten, die immer wiederkehren: in Foren, Gästebüchern des Museum oder aus Erfahrung der Museumsmitarbeiter.
Woran erkennt man einen Juden?
"Was Sie schon immer über Juden wissen wollten" - so der Untertitel der Ausstellung "Die ganze Wahrheit" im Jüdischen Museum in Berlin. Wirkliche Antworten gibt es keine. Stattdessen humorige und provokante Fragen, denen Installationen aus Texten, Filmausschnitten und Objekten entgegengesetzt werden. 70 Kippas schweben an Bindfäden von der Decke. Eine davon sogar mit einem Mercedesstern verziert.
Jude oder nicht?
Auf die Frage: "Wer ist ein Jude?" antwortete der damalige israelische Premierminister David Ben Gurion einst: "Für mich gilt jeder als Jude, der meschugge genug ist, sich selbst einen zu nennen." Bei den zwölf Porträts von historischen und aktuellen Berühmtheiten können die Besucher raten - Jude oder nicht? Hinweise geben Texte und Zitate auf der Rückseite der schwebenden Fotos.
Was geschieht mit den Zetteln in der Klagemauer?
Hunderte von kleinen Zetteln mit Gebeten werden täglich in die Ritzen und Spalten der Klagemauer - auf Hebräisch umgangssprachlich Kotel genannt - in Jerusalem gestopft. Ein Symbol für den Bund mit Gott. Doch irgendwann muss Platz gemacht werden, wie diese Foto-Collage zeigt. Die Zettel werden anschließend übrigens auf dem Ölberg vergraben. Keine Sorge: Der Bund mit Gott soll dennoch ewig halten.
Darf man über den Holocaust Witze machen?
Das müssen die Besucher selbst entscheiden. Sind sie empört über die gezeigten Ausschnitte aus US-Comedy-Serien oder die Witze des deutschen Comedian Oliver Polak? Oder finden sie sie lustig? Großformatig an der Wand ein Comic von Dave McElfatrick über die Schwierigkeit, mit einem Mädchen aus einem Konzentrationslager auszugehen.
Steht Deutschland in einer besonderen Beziehung zu Israel?
Die Besucher tauchen ein in die Vielfalt deutsch-israelischer Beziehungen: Ein Staatsgeschenk für Bundespräsident Joachim Gauck liegt neben einer Schürze und einem Reibekuchen-Rezept von Tom Franz, der bei einem beliebten israelischen TV-Koch-Duell gewann - und damit zum bekanntesten Deutschen Israels wurde.
Staatstragend
Auf der Rückseite der Vitrinen zur besonderen Beziehung zwischen den beiden Staaten ein historisch bedeutendes Ausstellungsstück: das Original des Luxemburger Abkommens, 1952 von Konrad Adenauer und Moshe Scharett unterschrieben. Darin verpflichtete sich Deutschland, den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus eine Wiedergutmachung zu leisten - und zwar in Höhe von drei Milliarden D-Mark.
Sind Juden abergläubisch?
Die Gegenstände auf den Keramikplatten symbolisieren Aberglauben - auch vielen Nichtjuden bekannt: schwarze Katzen, vierblättrige Kleeblätter, Hufeisen oder die mystische Zahl Sieben. Die Installation von Michal Adler-Shalev wird mit einem Zitat ergänzt: "Zivilisierten Menschen geht leicht ihre Religion verloren, aber selten ihr Aberglaube." (Karl Goldmark, Komponist und Violinist, 1830 - 1915).
Gibt es noch Juden in Deutschland?
Aber ja! Den Beweis liefert das lebendige Ausstellungsstück "Juden in Vitrinen". Hier sitzt ein Jude und beantwortet die Fragen der Besucher. Damit greift die Ausstellung provokant den generellen Vorwurf gegenüber jüdischen Museen auf, Juden würden hier als Schauobjekte missbraucht. Gleichzeitig bietet es vielen nichtjüdischen Besuchern die Gelegenheit, erstmalig mit einem Juden zu sprechen.
Warum ist die Beschneidung für Juden wichtig?
Für manche ist es ein barbarischer Verstoß gegen die Menschrechte, für andere ein harmloser religiöser Ritus. Die Beschneidung von männlichen Säuglingen stand vor kurzem in Deutschland auf dem öffentlichen Prüfstand, nachdem ein deutsches Landgericht diese mit Körperverletzung gleichsetzte. Proteste folgten - mit bedruckten T-Shirts "Wir sind beschnitten" und Buttons "Haut ab! Kippa auf!".
Sind Juden besonders....?
Juden wird so einiges nachgesagt. Hier sollen die Ausstellungsbesucher selbst entscheiden, bei welchem Klischee sie ihre eigenen Voruteile am ehesten wiederfinden. Per Münze, die mit der Eintrittskarte ausgeteilt wird, können sie entscheiden, ob sie Juden für besonders geschäftstüchtig, tierlieb, einflussreich, intelligent oder schön halten.