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Frank-Walter Steinmeier

27. September 2009

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier will ins Bundeskanzleramt in Berlin einziehen. Lange Zeit wirkte er dort bereits als graue Eminenz im Hintergrund.

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Frank-Walter Steinmeier (Foto: AP)
Bild: AP

"Superman wider Willen" nannte die "Welt am Sonntag" Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier im Juni 2008. Damals erweckte der Bundesaußenminister noch den Eindruck, als wolle er lieber nicht als Kanzlerkandidat seiner Partei in den Bundestagswahlkampf ziehen. Vier Monate später jedoch, im Oktober 2008, wurde er von der SPD aufs Schild gehoben. Die Delegierten wählten ihn mit 95 Prozent der Stimmen zum Kanzlerkandidaten und damit zum Herausforderer der populären Amtsinhaberin Angela Merkel. Der glücklose Parteichef Kurt Beck, der sich wohl selbst Hoffnungen auf das Amt gemacht hatte, von seiner Partei jedoch nicht unterstützt wurde, hatte ihn bei einer turbulenten Klausurtagung am Schwielowsee für dieses Amt vorgeschlagen und danach seinen eigenen Rücktritt erklärt. Den Parteivorsitz übernahm Becks Vorgänger Franz Müntefering.

Ins Rampenlicht

Steinmeier und Merkel am Kabinettstisch (Foto: AP)
Steinmeier und Merkel am KabinettstischBild: AP

Damit war Steinmeier endgültig aus dem Hintergrund getreten, in dem er lange gewirkt hatte - als Beamter in der Staatskanzlei in Hannover, als Staatssekretär im Kanzleramt und sogar noch als Außenminister, ein Amt, das er nach der Wahl im Jahr 2005 fast zufällig übernommen hatte. Damals genoss Steinmeier wenig Vertrauen in der Öffentlichkeit. Man traute ihm, dem stillen und weitgehend unbekannten Strippenzieher im Hintergrund kaum zu, dieses Amt als erster Sozialdemokrat seit Willy Brandt angemessen zu führen.

Doch Steinmeier arbeitete sich überraschend schnell in das neue Aufgabenfeld ein und erwarb sich im In- und Ausland Respekt für seine souveräne Amtsführung. Seine Popularitätswerte stiegen innerhalb kurzer Zeit an. Im Herbst 2006, ein Jahr nach der Bundestagswahl, rangierte er auf der Beliebtheitsskala deutscher Politiker deutlich vor Kanzlerin Merkel.

Der Späteinsteiger

Dabei war Steinmeier in der Politik ein Späteinsteiger. Am 5. Januar 1956 in Detmold geboren und im Dorf Brakelsiek aufgewachsen, studierte er in Gießen Jura und Politikwissenschaften. Nach dem Studium wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht in Gießen und arbeitete als Dozent am Verwaltungsseminar Wiesbaden.

Nach seiner Promotion im Jahr 1991 ging Steinmeier, der schon 1975 in die SPD eingetreten war, als Referent für Medienrecht und Medienpolitik in die niedersächsische Staatskanzlei. Schon nach kurzer Zeit wurde er Leiter des Büros von Ministerpräsident Gerhard Schröder, dem er im Jahr 1998 nach Bonn und dann nach Berlin folgte. Als beamteter Staatssekretär im Kanzleramt war er unter anderem für die Koordination der Geheimdienste zuständig. Im Juli 1999 wurde er Chef des Kanzleramts - ein Amt, das er auch nach dem knappen Wahlsieg der rot-grünen Koalition im Jahr 2002 behielt. In dieser Funktion spielte er eine wichtige Rolle bei den Atomkonsensgesprächen, bei den Arbeitsmarktreformen und bei der Bewältigung der Krisen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Steinmeier mit Gattin Elke Büdenbender (Foto: AP)
Steinmeier mit Gattin Elke BüdenbenderBild: AP

Nach den vorgezogenen Neuwahlen im September 2005 und dem Rückzug seines Freundes und Förderers Schröder aus der Politik, wurde Steinmeier Außenminister. Bei der Bundestagswahl im Herbst will er nicht nur Kanzler werden, er bewirbt sich auch um ein Direktmandat im Wahlkreis Brandenburg an der Havel.

Der Familienmensch

Steinmeier ist verheiratet mit der Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender. Das Paar hat eine Tochter. Die Familie des Außenministers blieb der Öffentlichkeit bis vor kurzem jedoch weitgehend unbekannt. Erst im Juni 2009 trat Steinmeier erstmals gemeinsam mit seiner Frau in einer TV-Talkshow auf. "Ich halte meinen Mann für einen ausgezeichneten Politiker und nicht für einen Politdarsteller. Er ist ein Macher. Er ist zielstrebig", sagte Elke Büdenbender bei diesem Auftritt kurz vor der Europawahl.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier redet auf dem SPD-Parteitag am 14. Juni 2009 in Berlin (Foto: AP)
Steinmeier nach seiner Rede beim SPD-Parteitag am 14. Juni 2009Bild: AP

Das Wahldebakel, das der SPD das schlechteste bundesweite Ergebnis ihrer Geschichte bescherte, zeigte einen demoralisierten Kanzlerkandidaten, der nur mit Mühe seine Contenance wahren konnte. Steinmeier schien am Ende, noch bevor der Kampf um das Kanzleramt überhaupt richtig begonnen hatte. Doch eine Woche nach der Europawahl präsentierte sich der Außenminister auf dem Sonderparteitag der SPD überraschend mit einer glänzenden Rede und einem unangefochtenen Führungsanspruch. "Ich will Kanzler aller Deutschen werden!", rief er unter dem Jubel der Delegierten. Mit zehnminütigem Applaus bedankte sich die Partei bei ihrem Kandidaten dafür, dass er ihr in den bitteren Stunden der Niederlage und der Verzagtheit die Zuversicht und den Mut zurückgegeben hatte.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Kay-Alexander Scholz