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Frankreich pocht auf seine Agrarinteressen

Bernd Riegert26. Juli 2004

Vor den am Dienstag (27.7.) beginnenden WTO-Gesprächen zu Agrarsubventionen beraten die EU-Außenminister über eine gemeinsame Position. Frankreich beharrt jedoch weiter auf seine Vorteile.

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Die Landwirtschaft sorgt für ÄrgerBild: AP

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hatte auf eine Sondersitzung der EU-Außenminister in Brüssel bestanden. Es geht um die gemeinsame Position der Europäer bei den Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO), die Ende des Monats nach dem Scheitern im letzten Jahr im mexikanischen Cancun wieder beginnen sollen.

Der größte Nutznießer

Der Handelskommissar der EU Pascal Lamy, ein Franzose, hatte unlängst ein Basispaier für die voraussichtlich sehr schwierigen Verhandlungen formuliert. Die EU-Kommission und der zuständige Handelsausschuss der Mitgliedsstaaten segneten das Papier ab. Alle scheinen damit zufrieden - außer den Frankreich. Der französische Staatspräsident befürchtet offenbar, dass die EU schon vor den Verhandlungen über Subventionsabbau für Landwirtschaftsexporte zu viel Terrain aufgibt. Frankreich ist mit seinen rund zwei Millionen Beschäftigten in der Landwirtschaft größter Nutznießer der europäischen Agrarsubventionen.

EU Gipfel in Brüssel Verfassung Jacques Chirac
Jacques ChiracBild: AP

Da Handelspolitik in die Zuständigkeit des "Rates für Allgemeines und Außenbeziehungen" fällt, der von den Außenministern gebildet wird, müssen sich die Ressortchefs nun mit den WTO-Verhandlungen beschäftigen. Frankreich kann das weitere Vorgehen der EU-Kommission nicht aufhalten, da Beschlüsse in diesem Bereich nicht einstimmig gefasst werden müssen. Ein einzelner der 25 Mitgliedsstaaten kann also kein Veto einlegen. Die EU wird vom zuständigen Handelskommissar Pascal Lamy bei der WTO vertreten, nicht von nationalen Ministern. Entscheidungen führt in der Regel der wöchentlich tagende sogenannte "Handelsausschuss 133" der Mitgliedsstaaten herbei, so benannt nach Artikel 133 der EU-Verträge.

Persönliche Animositäten

UNCTAD Konferenz in Sao Paolo Pascal Lamy
Pascal LamyBild: AP

Brüsseler Beamte vermuten, dass hinter dem französischen Sonderweg auch politische und persönliche Animositäten zwischen dem konservativen Jacques Chirac und dem sozialistischen Handelskommissar Pascal Lamy stecken. Lamy wurde von der französischen Regierung nicht wieder für die nächste EU-Kommission nominiert, die im November ihre Arbeit aufnimmt. Die Bemühungen Lamys in anderen internationalen Organisationen einen hochrangigen Posten zu bekommen, wurden von Frankreich offenbar nicht unterstützt.

Im April hatten Pascal Lamy und sein österreichischer Kollege Franz Fischler, zuständig für Agrarpolitik, einen international gelobten Vorstoß unternommen. Sie kündigten an, die Europäische Union wolle Exportsubventionen für ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse im Rahmen der Welthandelsrunde komplett aufgeben. Die französische Regierung hatte umgehend Protest eingelegt.

Fahrplan für Doha

Bereits am Dienstag und Mittwoch (27./28.7.) tagen in Genf die 147 Vertreter der Welthandelsorganisation, um einen Fahrplan für die Wiederaufnahme der sogennanten Doha-Runde festzulegen. Die Doha-Runde bezeichnet das 2001 lancierte breite Arbeitsprogramm der Wirtschafts- und Handelsminister der WTO-Mitglieder zur weiteren Liberalisierung des Welthandels.

Supachai Panitchpakdi
Supachai PanitchpakdiBild: AP

Der WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi rief unterdessen die EU und alle andere beteiligten Regierungen auf, sich mehr ins Zeug zu legen. Schließlich werde schon drei Jahre lange verhandelt. Ein schneller Abschluss der Handelsrunde würde vor allem für die 100 ärmsten Entwicklungsländer von Vorteil sein, so die WTO. Die Entwicklungsländer kritisieren, dass die EU auch bei ihrem jüngsten Vorschlag hunderte von Ausnahmeregelungen für bestimmte Produkte vorsieht und weiter Zölle erheben will.