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Frankreich und die NATO

11. März 2009

Nach 43 Jahren führt Präsident Sarkozy Frankreich in die Kommandostruktur der NATO zurück - und will zugleich wieder mehr zu sagen haben. Kritiker befürchten einen Verlust nationaler Unabhängigkeit.

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Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auf Truppenbesuch in Afghanistan (Foto: AP)
Wieder voll dabei: Sarkozy auf Truppenbesuch in AfghanistanBild: AP

Staatspräsident Nicolas Sarkozy lenkt sein Land zurück zur NATO-Vollmitgliedschaft, um seinen Einfluss in dem Militärbündnis zu stärken. Dies sei im Interesse Frankreichs und im Interesse Europas, sagte Sarkozy am Mittwoch (11.03.2009) auf einer Militärkonferenz in Paris. "Wir haben keinen einzigen militärischen Posten mit Verantwortung. Wir haben kein einziges Wort mitzureden, wenn die Alliierten die militärischen Ziele und Mittel für die Einsätze festlegen, an denen wir uns beteiligen", sagte der Präsident. Nun sei der Moment gekommen, dieser Situation ein Ende zu setzen. Sarkozy bekräftigte, dass das Land seine Unabhängigkeit als Atommacht nicht verlieren werde: "Die nukleare Abschreckung lässt sich nicht teilen."

Kritik am "Schmusekurs"

Ex-Premier Dominique de Villepin und Nicolas Sarkozy (Foto: AP)
Nicht auf Schmusekurs: Dominique de Villepin und SarkozyBild: AP

In Frankreich selbst ist die Rückkehr in den Führungszirkel der NATO bei der linken Opposition und in Teilen des bürgerlichen Lagers heftig umstritten. Befürchtet wird vor allem ein Verlust nationaler Unabhängigkeit. Gaullisten wie Ex-Premier Dominique de Villepin werfen Sarkozy vor, die Souveränität Frankreichs für einen "Schmusekurs" gegenüber den USA zu opfern. Sarkozy betonte, Frankreich gehöre zu den NATO-Gründungsmitgliedern und zu den wichtigsten Truppenstellern des Nordatlantik-Paktes. Dass Paris seine Position bislang nicht vertrete, werde von den Verbündeten nicht verstanden.

Die Regierung stellt wegen der innerfranzösischen Debatte kommende Woche die Vertrauensfrage. Zwar sind rund 40 Mitglieder der Parlamentsfraktion von Sarkozys Partei UMP nicht mit dessen Initiative einverstanden, es wird aber nicht damit gerechnet, dass sie deswegen den Sturz der Regierung riskieren werden. Nach der Abstimmung werde er die NATO-Verbündeten in einem Brief über seine Entscheidung informieren, kündigte Sarkozy an. Auf dem NATO-Gipfel Anfang April in Straßburg solle die Rückkehr formell vollzogen werden. Als Gegenleistung wird Paris zwei wichtige Kommandoposten erhalten.

Ehemaliger französischer Staatspräsident Charles de Gaulle (Foto: DW-Archiv)
Im Streit ausgetreten: Charles de GaulleBild: AP

Solana: "Hochwillkommen"

EU-Chefdiplomat Javier Solana und NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer begrüßten den Schritt: "Der Schritt ist hochwillkommen. Vorbei die Zeit der unbegründeten Verdächtigungen und der künstlichen roten Linien", sagte Solana bei einer Diskussionsveranstaltung in Paris. De Hoop Scheffer bezeichnete den Rückkehr-Plan als gut für die Organisation und gut für das Land. Er denke, dass eine Wiederannäherung den französischen Einfluss in der NATO, aber auch in der EU stärken werde. Die Wiedereingliederung in die Kommandostruktur werde eine Abstimmung zwischen NATO und EU erleichtern und damit helfen, schneller auf weltweite Krisen zu reagieren.

Frankreich nimmt seit mehr als 40 Jahren eine Sonderposition in der NATO ein. Der damalige Präsident Charles de Gaulle hatte 1966 im Streit um die Atompolitik den Austritt verkündet. Seitdem ist Frankreich nicht mehr bei der kollektiven Verteidigungsplanung dabei. Das Land beteiligt sich allerdings an den Militäroperationen. (sam/sti)