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Frankreich zahlt an Shoa-Überlebende

5. Dezember 2014

Weil die französische Staatsbahn im 2. Weltkrieg den Nazis beim Judenmord helfen musste, richtet Paris einen Entschädigungsfonds ein. Deutschland will künftig auch in Polen Renten für Ghetto-Arbeiter zahlen.

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Ausländische Juden im Mai 1941 vor ihrer Deportation nach Auschwitz auf dem Bahnsteig von Pithiviers südlich von Paris (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Frankreich wird für Holocaust-Überlebende in den USA einen Entschädigungsfonds in Höhe von 60 Millionen Dollar (48,6 Millionen Euro) einrichten. Wie die französische Beauftragte Patrizianna Sparacino-Thiellay in Washington mitteilte, sollen daraus tausende Überlebende oder die Angehörigen inzwischen verstorbener Opfer Geld erhalten, die während des 2. Weltkriegs aus dem deutsch besetzten Frankreich von der französischen Staatsbahn SNCF in Konzentrationslager der Nationalsozialisten deportiert worden waren. Im Gegenzug sichert die US-Regierung zu, juristische Schritte gegen die französische Bahn in den USA zu verhindern. Jeder nicht-französische Überlebende in den USA dürfte etwa 100.000 Dollar erhalten.

3000 Überlebende

Zwischen 1942 und 1944 hatte die SNCF rund 76.000 Juden aus Frankreich in NS-Konzentrationslager deportiert. Etwa 3000 der Opfer überlebten. Wegen dieser Verstrickung der SNCF in den Holocaust hatte ein Senator in den USA 2013 eine Gesetzesänderung verlangt, um die Staatsbahn vor ein US-Gericht bringen zu können.

Der Bundesstaat Maryland im Osten der USA hatte zweitweise erwogen, von der SNCF eine Entschädigung der NS-Opfer zu verlangen, bevor sich das Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen dürfe. Die Regierungen in den USA und Frankreich wollten daher durch ein Abkommen solche örtlichen Initiativen stoppen.

Entschädigung für weitere NS-Opfer

SNCF nur "Instrument"

Sparacino-Thiellay hob nun hervor, dass die Eisenbahngesellschaft nie als "verantwortlich" für die Deportationen eingestuft worden sei. Die Bahn sei "ein Instrument" gewesen. Die Verantwortung liege bei den französischen Behörden, auf deren Anweisung hin die SNCF die Deportationen ausgeführt hatte. Deshalb sei das Staatsunternehmen auch nicht an den Diskussionen über das Abkommen mit den USA beteiligt gewesen.

Rente für Ghetto-Arbeiter

Unterdessen schlossen Deutschland und Polen ein Abkommen, das es ermöglicht, dass in Polen ansässige Überlebende aus Ghettos im Zweiten Weltkrieg eine Rente für die damals geleistete Arbeit erhalten. Der Vertrag wurde in Warschau von Vertretern der polnischen und deutschen Arbeitsministerien unterzeichnet, wie das Bundesarbeitsministerium in Berlin mitteilte.

Bislang hatten heute in Polen lebende Ghettoarbeiter keinen Anspruch darauf, von Deutschland die so genannte Ghetto-Rente ausgezahlt zu bekommen, obwohl sie in der NS-Zeit Beiträge an das deutsche Sozialversicherungssystem abgeführt hatten. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung des Abkommens soll am 17. Dezember vom Bundeskabinett beschlossen werden und dann in ein beschleunigtes parlamentarisches Verfahren gehen, so dass das Abkommen vor Mitte kommenden Jahres in Kraft treten kann.

wl/re (dpa, afp)