1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Minister, Steuerbetrüger und Lügner

8. Dezember 2016

Drei Jahre Haft wegen Steuerbetrugs, lautet das Urteil gegen Frankreichs früheren Budgetminister Cahuzac. Er habe "alle Prinzipien der Profitgier geopfert", konstatierte die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer.

https://p.dw.com/p/2TxmB
Frankreich Jerome Cahuzac nach dem Urteil
Bild: Getty Images/AFP/P. Lopez

Ein Haushaltsminister, der sich als Kämpfer gegen die Steuerflucht inszeniert und selbst Schwarzgeldkonten im großen Stil hat - das klingt mehr nach Politthriller als nach Wirklichkeit. Doch bei Jérôme Calhuzac war es genau so: Jahrelang hortete der Sozialist heimlich Geld im Ausland. Als der Skandal aufflog, belog Frankreichs Chef-Schatzmeister seinen Präsidenten und das ganze Land. Jetzt ist der einstige Star der Regierung des sozialistischen Präsidenten François Hollande zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Die Affäre um den korrupten Minister hatte zu Beginn von Hollandes Präsidentschaft das Vertrauen in die französische Politik nachhaltig erschüttert und ist bis heute der größte Skandal in dessen Amtszeit. Im Dezember 2012 berichtete das Enthüllungsportal "Mediapart" erstmals, der hoch angesehene Haushaltsminister habe ein geheimes Konto in der Schweiz gehabt und das Geld später nach Singapur transferiert.

Chirurg, Boxer und politischer Shootingstar

Der Hobbyboxer Cahuzac, als wortgewaltiger und angriffslustiger Redner bekannt, dementierte vehement. "Ich habe kein Konto im Ausland und habe nie eines besessen. Nicht jetzt, nicht früher", versicherte er in der Nationalversammlung. Das Gleiche sagte er Staatspräsident Hollande in einem Vieraugengespräch.

Es waren glatte Lügen. Als die Beweislast erdrückend wurde und die Justiz ein Ermittlungsverfahren einleitete, musste Frankreichs oberster Sparer im März 2013 zurücktreten. Immer noch beteuerte er seine Unschuld. Erst weitere zwei Wochen später gab der gelernte Chirurg, der mit einer Klinik für Haarimplantate zu Geld gekommen war, alles zu. Es war das abrupte Ende seiner politischen Karriere.

Vor der Präsidentschaftswahl 2012 war Cahuzac in Hollandes Wahlkampfteam eingestiegen und übernahm die Bereiche Haushalt, Finanzen und Steuern. Nach dem Sieg des Sozialisten bekam der Pragmatiker, der sich einer eisernen Haushaltsdisziplin verschrieben hatte, den Posten des Haushaltsministers. Der 1952 bei Bordeaux geborene Cahuzac genoss über die Parteigrenzen hinweg Respekt. Er gilt als ausgemachter Finanzexperte. Mit großer Rhetorik brachte er den harten Sparhaushalt 2013 durchs Parlament.

Codename "Birdie"

Inzwischen ist bekannt, dass er schon 1992 unter dem Codenamen "Birdie" heimlich ein erstes Konto in der Schweiz eröffnete, um dem Fiskus zu entgehen. Jahrelang nutzte Cahuzac sogar das Konto seiner Mutter, um Finanzströme zu verheimlichen. Er ließ sich bei konspirativen Treffen von Boten Umschläge mit 10.000 Euro in bar aus seinem Vermögen überreichen. Insgesamt versteckte das inzwischen geschiedene Ehepaar Cahuzac schätzungsweise rund 3,5 Millionen Euro.

Die Affäre bedeutete nicht nur das politische Aus für Cahuzac, der aus der Sozialistischen Partei geworfen wurde. Der Skandal brachte auch Hollandes Regierung ins Wanken. Der Präsident musste schnell reagieren, verschärfte mit Gesetzen den Kampf gegen Steuerbetrug und setzte mehr Transparenz bei Politikervermögen durch. Die Nationale Finanzstaatsanwaltschaft, die beim Prozess gegen Cahuzac die Anklage führte, wurde als Reaktion auf die Affäre gegründet.

Ex-Frau und Banker mit verurteilt

Mit starrer Miene nahm Cahuzac den Urteilsspruch des Pariser Strafgerichts hin: drei Jahre Haft, keine Bewährung, fünf Jahre Unwählbarkeit. Hinter Gitter muss er aber erst einmal nicht: Sein Anwalt kündigte Berufung an. Ex-Ehefrau Patricia wurde als Mittäterin zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Auch weiteren Tatbeteiligten geht es an den Kragen. Die Genfer Privatbank Reyl, die für Cahuzac Geld versteckt hatte, wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 1,875 Millionen Euro verurteilt. Gegen den Bankier François Reyl verhängte das Pariser Strafgericht eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung und 375.000 Euro Geldstrafe.

qu/stu (afp, dpa, rtre, APE)