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Das Spiel mit den Kugeln

23. Mai 2009

Seit über einem halben Jahrhundert gehören sie zum Pariser Marsfeld wie der Eiffelturm: die Pétanque-Spieler vom Club 'Grenelle'. Die Stammspieler treffen sich mehrmals in der Woche, um ihrer Leidenschaft nachzugehen.

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Ein Spieler wirft eine Kugel während eines Boule-Spiel (Foto: AP)
Die Regeln beim Boule-Spiel sind überschaubarBild: AP

Das unter dem Überbegriff "Boule" besser bekannte Pétanque ist der heimliche Nationalsport Frankreichs. Der Sport stammt aus dem Süden, genauer gesagt aus Marseille. Dort haben Franzosen eines Tages begonnen, die Kugeln "à la pétanque " zu werfen - ins Hochfranzösische übersetzt bedeutet das "mit verbundenen Füßen" und beschreibt die Regel, seine Füße beim Wurf nicht bewegen zu dürfen. Ziel des Spiels ist es, seine Kugeln möglichst nahe einer kleinen Zielkugel zu platzieren. Das Team, dessen Kugeln am besten liegen, hat gewonnen.

Jeder Franzose ist ein Spieler

Stadtansicht von Marseille mit Hafen (Foto: dpa)
Aus Marseille soll das Pétanque nach Paris gekommen seinBild: picture-alliance / Bildagentur Huber

Um das Gewinnen allein geht es den Spielern des Club "Grenelle" aber nicht, erklärt Antoine: "Ich habe diesen Sport schon immer geliebt! Wir unterhalten uns, verbringen Zeit zusammen - die Spieler kennen sich und man trifft hier seine Freunde."

Der mediterrane Sport hat ganz Frankreich erobert. So trifft man Pétanque-Spieler zum Beispiel in Paris nicht nur in der Nähe des Eiffelturms, sondern auch vor dem Louvre, dem Invalidendom und in den unzähligen Grünanlagen der Stadt. "Fast alle Franzosen spielen Pétanque, besonders wenn wir in den Urlaub fahren", sagt einer der Freizeitspieler. Sobald die Sonne ein bisschen herauskommt, spiele jeder das Spiel mit den Kugeln.

Pétanque war lange Männersache

Ein Frau wirft eine Pétanque-Kugel (Foto: AP)
Frauen sind eher selten in der Pétanque-Welt FrankreichsBild: AP

Egal wo der Kugelsport gespielt werde, ob in Paris, Marseille oder Bordeaux – Frauen sehe man leider immer noch selten, sagt Nicolas: "Früher war der Sport schon eine Machodomäne. Aber das ist ein paar Jahre her." Sie seien jetzt weniger "Macho" und es gebe tatsächlich auch Frauen, die Pétanque spielten, meint Nicolas: "Dort hinten auf dem Feld war sogar neulich eine Gruppe von vier Frauen!"

Pétanque scheint sich langsam von dem Klischee des Mittelmeer-Macho-Sports zu entfernen. Unter den 88 Mitgliedern des Club "Grenelle" sind drei weibliche.

Erfolg in der Seniorenklasse

Wer denkt, dass Pétanque ein anspruchsloser Freizeitsport ist, irrt. Obwohl das soziale Zusammensein auch für Pascale sehr wichtig ist, betreibt er das Kugelspiel als ernsthaften Sport: "Pétanque verlangt dem Spieler viel Konzentration ab." Man könne natürlich nur so zum Spaß spielen, mit Freunden in einer lustigen Runde. "Aber wenn man wirklich gut spielen möchte, muss man üben und den Sport ernst nehmen", ist Pascale überzeugt.

Übung haben die Stammspieler auf dem Marsfeld. Viele von ihnen spielten bereits vor der Gründung des Clubs in den 50er-Jahren am Eiffelturm, damals allerdings noch direkt am Seine-Ufer, wo heute die Schiffsanleger sind. Doch richtig intensiv spielen sie erst, seit sie Rentner sind. Viele Mitglieder des Club "Grenelle" sind erfolgreiche Wettkampfsportler in der Seniorenklasse.

Weltweite Lobby für die Kugeln

Eine Hand hält zwei Pétanque-Kugeln und ein Handtuch (Foto: AP)
Auch als Wettkampf: Es gibt Pétanque-WeltmeisterschaftenBild: AP

Auch im Pétanque gibt es Klubs, Ligen und Verbände, in denen die Spieler straff organisiert sind. Ob französische oder europäische Wettbewerbe oder die jährlichen Weltmeisterschaften - Pétanque stehe anderen professionellen Sportarten in nichts nach und sei eine anerkannte internationale Wettkampfsdisziplin, sagt der Präsident des Französischen Pétanqueverbandes, Alain Cantarutti. Außerdem habe es der internationale Dachverband durch intensive Lobbyarbeit und mit Hilfe der französischen Botschafter geschafft, Pétanque auf der ganzen Welt zu verbreiten, sagt der Funktionär. "Es wird in 83 Ländern auf allen fünf Kontinenten gespielt."

Autor: Paul Fehlinger
Redaktion: Sandra Voglreiter