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Gespaltene Sozialisten

16. November 2008

Drei Tage lang mühten sich die französischen Sozialisten, einen neuen Parteichef zu küren – vergeblich. Die Partei ist tief zerstritten. Und von ihrer ehemaligen Spitzenkandidatin Ségolène Royal zunehmend genervt.

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Ségolène Royal auf dem Parteitag der PS (16.11.20028, Quelle: AP)
Muss sich in einer Kampfabstimmung den Parteimitgliedern stellen: Ségolène RoyalBild: AP

Am Ende des Parteitages der französischen Sozialisten scheint es nur einen klaren Sieger zu geben: die konservative Regierungspartei von Präsident Nicolas Sarkozy. Denn bei der Suche nach einem neuen Parteivorsitzenden zeigten sich die Sozialisten an diesem Wochenende heillos zerstritten, die Delegierten konnten sich nicht einigen. Die Entscheidung bleibt nun den 233.000 Parteimitgliedern überlassen, die am kommenden Donnerstag abstimmen.

Delanoë ist aus dem Rennen

Ex-Arbeitsministerin Martine Aubry auf dem Parteitag der PS (16.11.20028, Quelle: AP)
Auch Martine Aubry will die Sozialisten führen - ihre Chancen stehen nicht schlechtBild: AP

Ex-Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal würde allzu gern die Nachfolge ihres Ex-Lebensgefährten François Hollande an der Parteispitze übernehmen. Doch Royal muss sich gegen eine starke Konkurrentin behaupten: Ex-Arbeitsministerin Martine Aubry kündigte am Sonntag (16.11.2008) in Reims an, gegen die ehemalige Präsidentschaftskandidatin anzutreten.

Kandidat Nummer drei, der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë, der lange als Favorit für den Posten galt, zog sich dagegen aus dem Rennen zurück.

Drei Tage bemühten sich die Rivalen um den Parteivorsitz bei dem Parteitag in Reims vergeblich, Allianzen zu schmieden, um ihre Chancen auf die Nachfolge des seit elf Jahren amtierenden Parteichefs François Hollande zu erhöhen. Dabei war im Vorfeld eine "Anti-Royal-Allianz" von Aubry und Delanoë für möglich gehalten worden. Doch die Gegensätze zwischen den beiden erwiesen sich als unüberbrückbar. Aubry, Tochter des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors und heute Bürgermeisterin von Lille, erklärte dann kurz vor Fristende ihre Kandidatur. Als dritter Kandidat tritt der Parteilinke Benoît Hamon an, dem aber kaum Chancen auf einen Sieg eingeräumt werden.

Royal nervt die Deligierten

"Jetzt haben die Mitglieder das Wort", sagte Royal, die in ihrer teils flammenden Rede vor den Delegierten am Samstag sowohl Beifall als auch Pfiffe erhielt. Auch sie hatte versucht, ihre Rivalen von einem Bündnis zu überzeugen. Dies scheiterte letztlich an ihrem Plan, die Partei für eine Zusammenarbeit mit der Zentrumspartei Modem zu öffnen. Deswegen hatte die 55-Jährige den Konkurrenten am Samstag angeboten, diese Frage den Mitgliedern zur Entscheidung vorzulegen. Doch auch intensive Verhandlungen in der Nacht zum Sonntag brachten keine Annäherung.

Royal, die bei einer Vorabstimmung auf dem Parteitag nicht einmal auf 30 Prozent gekommen war, geht vielen Sozialisten mit ihrer betont unkonventionellen Art auf die Nerven. "Heilige Ségolène", stöhnte ein Delegierter, als Royal zu Nächstenliebe und gegenseitigem Verzeihen aufrief. "Wir müssen uns heilen", mahnte sie. Manche meinen, sie manövriere sich bewusst in eine Opferrolle, um damit mehr Stimmen bei der Basis zu bekommen.

Bertrand Delanoë (16.11.20028, Quelle: AP)
Bertrand Delanoë ist aus dem RennenBild: AP

Letztlich ist die Wahl des Parteivorsitzenden auch eine Vorentscheidung über die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2012, bei der Präsident Nicolas Sarkozy so gut wie sicher wieder antreten wird. Dass der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë sich aus dem Rennen um den Parteivorsitz zurückgezogen hat, könnte auch den taktischen Grund gehabt haben, dass er 2012 Präsidentschaftskandidat werden möchte.

Delanoë: die Partei ist krank

Zur Abstimmung der Parteibasis am Donnerstag gab Delanoë keine Empfehlung einen der Kandidaten ab. Die PS sei "ernsthaft krank", stellte er lediglich fest. Seine Vertrauten feuerten weiter auf Aubry: Sie trage "die historische Verantwortung, die Partei Ségolène Royal auszuliefern", weil sie ein Bündnis mit dem Pariser Bürgermeister verweigert habe.

Die konservative Regierungspartei UMP reagierte mit Spott auf den "großen sozialistischen Zirkus" in Reims. Die Partei habe "maximale Verwirrung" gestiftet und erneut gezeigt, dass sie "den Franzosen kein Programm vorschlagen kann".

Der laut einer Umfrage beliebteste französische Sozialist hält sich derzeit übrigens gar nicht in Frankreich auf: Dominique Strauss-Kahn, der von Sarkozy auf den Chefposten des Weltwährungsfonds weggelobt worden war, werden ebenfalls Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt. (mag)