1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Französischer Schriftsteller Tournier ist tot

19. Januar 2016

In seinen Büchern wollte Michel Tournier den Franzosen Deutschland näherbringen. Mit ihm hat Frankreich einen seiner bedeutendsten Autoren verloren.

https://p.dw.com/p/1HfhH
Michel Tournier (Archivbild maxppp/Dondero/Leemage)
Bild: picture-alliance/maxppp/Dondero/Leemage

Der Schriftsteller und Deutschlandkenner Michel Tournier (im Artikelbild eine Aufnahme von 1990) ist im Alter von 91 Jahren in der Nähe von Paris gestorben. Frankreichs Premierminister Manuel Valls würdigte Tournier in einer ersten Reaktion als einen "herausragenden Erzähler". "Sein Werk wird weiterleben", schrieb Valls bei Twitter.

Studium in Deutschland

Tourniers Eltern waren Germanisten. Auch er beherrschte die deutsche Sprache und gehörte zu den ersten Franzosen, die nach dem Krieg 1945 zum Studieren nach Deutschland gingen. In Bad Teinach im Schwarzwald nahm er als Jura- und Philosophiestudent zunächst an einem von der französischen Militärregierung organisierten Ferienkurs für Germanisten teil, bevor er sich an der Universität Tübingen für das Philosophiestudium einschrieb.

Prix Goncourt für "Erlkönig"

Für seinen 1970 erschienenen Roman "Erlkönig" über eine Reise durch Ostpreußen während des Zweiten Weltkriegs, bekam er den Prix Goncourt, Frankreichs begehrtesten Literaturpreis. "Der Erlkönig" diente dem deutschen Regisseur Volker Schlöndorff als Vorlage für seinen 1996 erschienenen Film "Der Unhold".

Als einer der wenigen französischen Schriftsteller schrieb Tournier auch über den Mauerfall in Berlin am 9. November 1989. Auf Deutsch sind von ihm unter anderem erschienen "Freitag oder Im Schoß des Pazifik", "Der Wind Paraklet. Ein autobiografischer Versuch" sowie "Der Garten des Vagabunden".

In seinen Büchern versuchte Tournier, mit deutsch-französischen Stereotypen aufzuräumen, darunter auch der Vorstellung von der deutschen Pünktlichkeit und Ordnung. Die deutsche Geschichte vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Fall der Mauer sei ein einziges Chaos. Aber die Franzosen glaubten, dass es nirgendwo so ordentlich zugehe wie in Deutschland, hatte Tournier einst dem Magazin "Der Spiegel" erklärt.

Bestseller in Millionenauflage

Trotz seiner oft ungewöhnlichen Themen erreichten Tourniers Bücher eine Millionenauflage und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Der Schriftsteller bestimmte als Mitglied der Académie Goncourt über die Vergabe des Literaturpreises mit und gehörte auch der Bayerischen Akademie der schönen Künste an. Tournier blieb zeitlebens Junggeselle und lebte die letzten Jahrzehnten in einem alten Pfarrhaus auf dem Land im Südwesten von Paris. Zuletzt wurde der Autor, der schon länger mit Altersbeschwerden kämpfte, von seinem Patensohn Feliculis betreut.

wl/qu (dpa, afp)