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Franzosen sind optimistischer

Markus Grunwald27. August 2004

In Frankreich kommt die Wirtschaft in Fahrt. Für 2004 wird ein dreimal stärkeres Wirtschaftswachstum vorausgesagt als im Vorjahr. Dennoch sind weitere Reformen notwendig.

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Nicolas Sarkozy senkte die Einkommenssteuer um drei ProzentBild: AP

Obwohl die wirtschaftlichen Reformen in Frankreich weniger fortgeschritten sind als in Deutschland, erwarten Experten, dass sich die wirtschaftliche Lage Frankreichs bald bessert. "Für Frankreich rechnet das Statistische Amt 'Insee' für das laufende Jahr 2004 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent. Nach dem zweiten Quartal betrug es schon 1,7 Prozent", sagt Inge Kozel von der Bundesagentur für Außenwirtschaft in Köln. Diese Prognose läßt die französische Regierung auf Steuermehreinnahmen in Höhe von fünf Milliarden Euro hoffen.

Der Knoten ist geplatzt

In Frankreich sei der Knoten geplatzt, sagt Martina Mousseau von der deutsch-französischen Handelskammer. "Die Stimmung in Frankreich ist einfach viel optimistischer als in Deutschland." Vor allem habe es der neue Finanzminister Nicolas Sarkozy verstanden, für eine positive Grundstimmung in Frankreich zu sorgen. So stiegen in den ersten beiden Quartalen die Unternehmerinvestionen um 2,2 Prozent, die Bauinvestitionen um 1,6 Prozent und der private Konsum um 0,7 Prozent. Nach einer Umfrage von "Insee" wollen französische Unternehmen für das Gesamtjahr ihre Investitionen um acht Prozent ausweiten.

Lebensmitteleinkauf
Franzosen sind in KaufstimmungBild: Bilderbox

Damit ist Frankreich das erste große Land in der Euro-Zone, in dem Investitionstätigkeiten eine tragenden Rolle für den Aufschwung übernehmen. In Deutschland ist es vor allem der Export, der für eine schwache wirtschaftliche Erholung sorgt. Trotz einer Arbeitslosenquote von zehn Prozent und stagnierenden Einkommen, konsumieren die Franzosen viel, im Gegensatz zu ihren deutschen Nachbarn. Das liegt aber nicht nur an der "optimistischeren Stimmung" in Frankreich. "Vor kurzem hat Sarkozy die Einkommenssteuer um drei Prozent gesenkt", so Martina Mousseau, was die Franzosen natürlich motiviere, mehr zu konsumieren.

Reformbedarf

Dennoch besteht in Frankreich Bedarf an Reformen. Darauf machte der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin während seiner letzten Pressekonferenz vor dem Ende der parlamentarischen Sitzungsperiode aufmerksam. Er kündigte eine Lockerung des Arbeitszeitgesetzes an. "Die 35-Stunden-Woche hat das Wirtschaftswachstum seit dem Jahr 2000 getötet", sagte Raffarin. Dabei erhält er Unterstützung von Nicolas Sarkozy, der ein entscheidender Verfechter von Mehrarbeit ist. Ein weiteres Problem, das der Finanzminister zu lösen hat, ist das hohe Haushaltsdefizit. Er muss es von 4,1 Prozent im Jahr 2003 bis 2005 auf 3 Prozent senken. Dafür kämen ihm die von der Regierung erwarteten Steuermehreinnahmen gerade recht. Aber in Frankreich ist es Tradition, solche Einnahmen für soziale Wohltaten zu verwenden.

Auch ein Bericht der OECD empfiehlt Frankreich weitere Reformen. So sei der Arbeitsmarkt zu streng reguliert. Die gerade beschlossene Gesundheitsreform greift zu kurz, um das Milliardendefizit der Krankenkassen zu verringern, schreibt Frankreich-Experte Gerhard Bläske. Des Weiteren sei die Steuer- und Abgabenlast für die französischen Bürger noch sehr hoch und das Staatsbudget mit 5,2 Millionen Angestellten im öffentlichen Dienst zu stark belastet. Um das Wirtschaftswachstum zu sichern, sei es notwendig diese Probleme zu lösen.