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Weiberalarm im Stadion

Sola Hülsewig5. Februar 2009

Das Fußballstadion ist immer noch eine Männerdomäne. Seit den 90er Jahren hat sich aber die Zahl der weiblichen Fußballfans in Deutschland mehr als verdoppelt. Ein Viertel der Zuschauer im Stadion ist weiblich.

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Weiblicher Fußballfans bei der WM 2006
Weiblicher Fußballfans bei der WM 2006Bild: AP

"Das war wie ein Virus. Ich war einmal da und schon angesteckt", sagt Birgit. Das Fußballfieber hat sie vor ein paar Jahren gepackt, als sie ihren Mann ins Stadion begleitete. Seitdem steht sie bei jedem Heimspiel der Aachener Alemannia im S-Block des Tivoli, dem Heimat-Stadion ihrer Mannschaft. So auch beim Spiel gegen 1860 München.

Frauen in der Überzahl

Blick auf Tribüne und Spielfeld
Fans in AachenBild: Sola Hülsewig

Um sie herum stehen Familienmitglieder, die Frauen sind in der Überzahl. Das kleine Eckchen vor der Metallstange ist der Stammplatz der Gruppe. Um ihn zu reservieren, sind Birgit und die anderen bei jedem Heimspiel schon zwei Stunden vor Anpfiff da. Die Stimmung ist gut, Bier und Glühwein finden hier dankbare Abnehmer und beim Tor gegen 1860 München liegen sich alle in den Armen.

"Frauen versauen die Stimmung"

Auf derselben Tribüne etwas weiter links steht eine Gruppe junger Männer in Bierlaune, die lauthals das Spiel kommentieren – ohne Frauen. "Frauen versauen die Stimmung", sagt einer. Diese Einstellung kennt Nicole Selmer. Sie ist Mitherausgeberin des Buchs "Gender Kicks. Texte zu Fußball und Geschlecht“. "Ich habe schon ein paar Mal erlebt, dass Männer sich von den Frauen beobachtet und gemaßregelt fühlen. Sie denken, sie könnten sich nicht mehr so benehmen, wie sie das eigentlich tun würden oder müssten aufpassen, was sie sagten."

Abseitsregel verstanden?

Auf der anderen Seite, sagt Selmer, trauten manche Herren den Damen das richtige Fachwissen immer noch nicht zu, am aller wenigsten die gute alte Abseitsregel. "Dass man die nicht verstanden hat, bekommt man als Frau im Stadion immer noch erstaunlich oft aufs Brot geschmiert." Genauso wie den Spruch, die weiblichen Fans wären in Wirklichkeit nur wegen der knackigen Hintern der Spieler da und unterhielten sich statt über den Spielverlauf über den Schnitt der Trikots.

Fußballfan seit der WM

Gruppenfoto von sechs Alemannia Aachen-Fans
Birgit (Mitte, im weißen Mantel) und ihre Stadion-CliqueBild: Sola Hülsewig

Außerdem, so Selmer, würden Frauen oft mit der Kommerzialisierung des Fußball gleichgesetzt – zu Unrecht. Es sei nicht wahr, dass sich Frauen vor allem seit dem Massenspektakel der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 für Fußball interessierten. Vielmehr habe die Zahl der weiblichen Fans schon vor der WM stetig zugenommen.

Birgits Fußball-Familie kann sich jedenfalls nicht vorwerfen lassen, nur ins Stadion zu gehen, weil das gerade "in" ist. Erfolg oder Misserfolg? Letzten Endes ist das den echten Fans egal. "Die können spielen wie sie wollen, wir lieben sie trotzdem!", sagt Birgit.