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Frauen an die Macht

9. April 2010

Die EU ist laut ihrer Grundrechte-Charta der Gleichstellung von Mann und Frau verpflichtet. Doch im Europäischen Parlament gibt es deutlich weniger Frauen als Männer und keine Quotenregelung.

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Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit (Foto: AP)
Die Doppelspitze der Grünen als gutes BeispielBild: AP

Ist es nun eine gute oder eine schlechte Nachricht? Die Anzahl weiblichen Abgeordneten im Europäischen Parlament ist seit den Wahlen 2009 so hoch wie nie: Gut 35 Prozent der Abgeordneten sind weiblich. Auf der anderen Seite: 35 Prozent sind nur ein gutes Drittel der Parlamentarier. In der EU-Bevölkerung machen Frauen dagegen rund 52 Prozent aus.

Zu wenig Frauen mit zu wenig Macht

Myria Vassiliadou im Porträt (Foto: European Women's Lobby)
Mehr Frauen ins EU-Parlament, fordert Myria Vassiliadou...Bild: European Women's Lobby

"Wir sollten uns nicht zufrieden geben, ehe nicht die Hälfte der Abgeordneten Frauen sind", fordert Eva-Britt Svensson. Die Linksgrüne ist Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter (FEMM). Dass eine Frau Ausschussvorsitzende ist, bleibt in der Parlamentshierarchie eine Ausnahme: "Männer halten im Europaparlament immer noch die Macht in den Händen, denn Frauen sind nicht ausreichend in Führungspositionen vertreten, wie im Ausschuss- oder Fraktionsvorsitz."

Myria Vassiliadou von der Dachorganisation europäischer Frauenorganisationen "European Women's Lobby" weist darauf hin, dass ein Frauenanteil von 35 Prozent im Europaparlament beunruhigend, sei: "Weil das ein Durchschnitt ist. Das heißt, dass einige EU-Mitgliedsstaaten eine hohe Prozentzahl haben und andere null, so wie Malta." Auffällig ist dabei ein Nord-Süd-Gefälle: Die meisten weiblichen Abgeordneten schicken Finnland mit 61 Prozent und Schweden mit 55 Prozent nach Brüssel. Deutschland liegt mit 37 Prozent leicht über dem Durchschnitt. Abgeschlagen rangieren neben Malta unter anderem auch Zypern, Polen, Italien, Tschechien und Portugal.

Große Unterschiede zwischen den Nationen

Angelika Niebler im Plenarsaal (Foto: picture-alliance/dpa)
... denn Frauen wie die Europapolitikerin Angelika Niebler (CSU) sind in der MinderheitBild: picture-alliance/ dpa

Frauenquoten könnten eine Lösung für das Problem sein, sagt Vassiliou. In Frankreich beispielsweise muss jeder zweite Name auf den Parteilisten für die Europawahl weiblich sein, in Schweden wird diese "Reißverschlussregelung" freiwillig praktiziert. "Wir brauchen Quoten denn wir können nicht erlauben, das Recht und Demokratie in verschiedenen Mitgliedsstaaten nicht funktionieren." Eva-Britt Svensson fürchtet, dass ohne Quoten "kompetenten Frauen der Zugang zur Macht und zu Führungspositionen verwehrt bleibt."

Nicht nur die Staaten, auch die Parteien unterscheiden sich, wenn es um den Frauenanteil geht. "Keine der Parteien macht es richtig gut. Ich würde sagen, dass die Grünen eine bessere Verteilung haben als andere Parteien, auch was die Führung angeht, denn das ist wichtig", sagt Myria Vassiliadou. Die Grünen-Fraktion im Europaparlament hat eine Doppelspitze aus Mann und Frau. Insgesamt sind fast 47 Prozent der Grünen-Abgeordneten weiblich. Mit größerem Abstand folgen die anderen Fraktionen: Liberale, Sozialdemokraten, Linke und Konservative.

Besserung erst in über hundert Jahren?

Wann die Sitze im Europaparlament zwischen Männern und Frauen so verteilt sein werden, dass sie auch der Aufteilung der Geschlechter in der Bevölkerung entsprechen, will Myria Vassiliadou von der "European Women's Lobby" nicht voraussagen. "Einige Studien sagen in 80 Jahren, andere in 180 Jahren. Ich habe eine dreijährige Tochter und so lange will ich nicht warten."

Autorin: Susanne Henn
Redaktion: Julia Kuckelkorn

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