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Freie Fahrt bis Sibirien

Stephan Hille2. März 2004

Was lange währt, wird endlich gut - wer lange fährt, kommt endlich an: In Wladiwostok, zum Beispiel. Denn jetzt ist die Stadt auch mit dem Auto erreichbar.

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Vor wenigen Tagen wurde in Sibirien ein Jahrhundertwerk vollendet. Das letzte Teilstück der Autostraße zwischen Tschita und Chabarowsk im fernen russischen Osten wurde eingeweiht, natürlich von Präsident Wladimir Putin höchstpersönlich. Gut einhundert Jahre nach der Inbetriebnahme der Transsibirischen Eisenbahn ist nun auch der Weg frei für die russischen Automobilisten, die nun das riesige Land von Westen bis zum Pazifischen Ozean auf den eigenen Rädern durchqueren können. Wenn auch etwas holprig und mit Mühen, denn bislang fehlen auf dem eingeweihten rund 2100 Kilometer langen Teilstück Tschita-Chabarowsk noch 1600 Kilometer Asphalt. Erst in vier Jahren soll die Trasse durchgehend asphaltiert sein.

Rotes Band durchschnitten

Solang aber wollte Wladimir Putin, der Reformer, mit der Eröffnung nicht warten, schließlich finden in knapp zwei Wochen Präsidentschaftswahlen statt. Auch wenn der Amtsinhaber keinen Wahlkampf nötig hat, ließ er es sich dennoch nicht nehmen, die transkontinentale Schotterpiste höchstselbst einzuweihen. Auf einer nigelnagelneuen Brücke über den Amur durchschnitt er das rote Band und würdigte die neue Autostraße als bedeutendste Verkehrsverbindung seit dem Bau der Transsib.

Ohne Frage ist die neue Trasse Moskau-Wladiwostok ein Rekordprojekt: Auf einer Länge von etwa 10.000 Kilometern und über sieben Zeitzonen windet sich die Straße durch das europäische Russland, über den Ural, durch die sibirischen Wälder und Sümpfe bis zur russischen Pazifikmetropole und ist damit die längste Straße, die durch ein Land führt. Die Bauzeit ist ebenfalls rekordverdächtig, wenn auch im negativen Sinne: Parteichef Leonid Breschnew hatte den Bau bereits 1966 angeordnet, doch der Baubeginn verschob sich auf das Jahr 1978. Mal ging das Geld aus, mal waren es die extrem ungünstigen Klimabedingungen, die die Straßenbauer nicht fertig werden ließen.

Transport japanischer Gebrauchtwagen

Unter Putin wurde die Vollendung des verbleibenden Teilstücks Chefsache, vor allem um die Wirtschaft des bevölkerungsarmen und darniederliegenden fernen russischen Ostens zu fördern. Die Straße erhöht die Frachtkapazitäten und senkt die Transportkosten merklich. In Russland wird bereits von einem zukünftigen Transportkorridor Paris-Berlin-Moskau-Wladiwostok geträumt. Doch vorläufig geht vor allem für die sibirischen Autofahrer ein Traum in Erfüllung: Nun haben sie es deutlich einfacher, mit ihren in Wladiwostok gekauften japanischen Gebrauchtwagen auch wieder nach Hause zu kommen.