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Freie Fahrt für Senioren - Öffentlicher Nahverkehr in Ungarn für über 65-Jährige kostenlos

11. August 2004
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Bonn, 11.8.2004, DW Europa, Jessica Sturmberg

Freie Fahrt für Senioren im öffentlichen Nahverkehr, die in der Europäischen Union leben. Das klingt zwar gut. Diese Regelung gilt aber leider nicht europaweit. Warum alle EU-Bürger und EU-Bürgerinnen in Ungarn ab dem 65. Lebensjahr kostenlos Bahn und Bus benutzten dürfen und dies für andere EU-Länder nicht zutrifft, erklärt uns Jessica Sturmberg:

Seit Jahrzehnten nutzt Laszlo Szekacs die Metro in Budapest. Mit ihr kann er in wenigen Minuten von Pest nach Buda fahren, um dort einzukaufen. Inzwischen ist Laszlo Szekacs schon 66 Jahre alt und braucht sich keine Tickets mehr kaufen. Denn in Ungarn ist der Nah- und Fernverkehr für Rentner ab 65 Jahren kostenlos. Seit Laszlo Szekacs gehört hat, dass alle EU-Bürger über 65 Jahre ebenfalls in Ungarn keinen Fahrschein mehr lösen müssen, treibt ihn eine Frage um:

"Ich möchte wissen, ob ich diese Begünstigung für Rentner im Bahnverkehr auch in den anderen EU-Ländern erhalte."

Laszlo Szekacs hat sich damit an das Informationszentrum der EU in Budapest gewandt und war überrascht über die Antwort. Hier musste man schon viele Rentner über diese Frage enttäuschen, erläutert Attila Benedek, Leiter des Informationsbüros:

"Die Pensionäre kommen zu uns und verstehen die Regelung innerhalb der Union nicht. Sie wollen wissen, wenn die anderen EU-Bürger in Ungarn den Nah- und Fernverkehr kostenlos nutzen dürfen, ob das für sie umgekehrt dann auch in den anderen EU-Ländern wie zum Beispiel Spanien gilt? Aber die klare Antwort ist nein."

Warum das so innerhalb der EU geregelt ist, erklärt Bürgerberaterin Claudia Keller von der Vertretung der Kommission in Deutschland:

"In der EU gibt es ein allgemeines Diskriminierungsverbot. Danach ist die Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder auch aufgrund des Wohnsitzes grundsätzlich verboten. EU-Bürger dürfen also in einem anderen EU-Land grundsätzlich nicht schlechter behandelt werden als die jeweiligen Inländer."

Die ungarischen Rentner bekommen damit also etwa in Deutschland nur die Vergünstigungen, die auch den deutschen Pensionären gewährt werden. D.h. bei Bus- und Bahn müssen sie zwar nur den Seniorenpreis zahlen, aber kostenlos sind die Fahrten für sie nicht. Dazu die Erläuterung von Claudia Keller:

"Das Diskriminierungsverbot schreibt jetzt nicht vor, dass EU-Bürger eines Mitgliedsstaates in allen anderen EU-Staaten die Behandlung erfahren müssen, die sie im eigenen Land erfahren. EU-Bürger können nicht verlangen, dass sie in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten so behandelt werden wie in ihrem eigenen Land auf der anderen Seite."

Laszlo Szekacs findet das nicht gut, vor allem, weil er doch sehr viel weniger Rente bekomme als die meisten Pensionäre in der EU, meint er. Und umgekehrt sollen die wohlhabenderen Rentner aus den anderen Ländern in Ungarn den Nah- und Fernverkehr kostenlos nutzen dürfen? Statt es als ungerecht zu empfinden, sieht Attila Benedek, der Leiter des ungarischen EU-Informationsbüros, darin eine Chance für die Ungarn:

"Man sollte das als Möglichkeit sehen, die Menschen für unser Land zu interessieren. Und wenn sie hier sind, geben sie ihr Geld schon für Hotel und Essen aus."

Schließlich profitieren all die, die vom Tourismus leben, von solchen Regelungen, die die Region für Gäste interessanter machen. Wie zum Beispiel freie Fahrt für die älteren EU-Bürger. (TS)