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Freies Netz mit Psiphon

Anne Le Touzé2. Mai 2013

In Ländern wie Iran und China sind DW-Seiten durchgehend gesperrt. Mit Programmen wie Psiphon können Nutzer die Zensur aber umgehen. Zum Beispiel, um am Voting der Bobs, dem DW-Preis für Online-Aktivismus, teilzunehmen.

https://p.dw.com/p/18KUM
Screenshot der Seite Blocked in Iran (Foto: www.blockediniran.com)
Bild: www.blockediniran.com

Letztes Jahr ist das Abstimmen bei den Bobs für Menschen aus dem Iran und China kaum möglich gewesen, weil die Seiten des Online-Wettbewerbs - oder die vieler Nominierten - immer wieder gesperrt waren. Eine Kooperation der DW mit den Entwicklern von Psiphon, die im Dezember 2012 gestartet ist, soll dafür sorgen, dass sich das nicht wiederholt.

Psiphon gehört zu den "Anti-Zensur-Tools", die Millionen von Nutzern aus Ländern mit Internet-Zensur dabei helfen, sich ins freie Internet einzuwählen. Das Open-Source-Programm, das 2004 von einem kanadischen Universitätsteam geschaffen wurde, wird heute von einer Firma mit Sitz in Toronto weiterentwickelt.

Umfangreiches Zensurregime

Im März hat die Organisation Reporter ohne Grenzen Iran und China als "Feinde des Internets" aufgelistet. "In beiden Ländern gibt es eine sehr hohe staatliche Kontrolle", erklärt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr, der auch Jurymitglied bei den Bobs 2013 ist. China sei "am erfahrensten mit Internetbeobachtung": Fünf Behörden sind daran beteiligt, möglichst viel über die 500 Millionen Internetnutzer zu erfahren. Social Media werden überwacht, Webseiten blockiert, SMS-Kommunikation protokolliert. Bei Sina Weibo, dem chinesischen Pendant zur Microblogging-Plattform Twitter, muss sich jeder beispielsweise mit vollem Namen und Telefonnummer registrieren. Es gibt ein automatisches 80-Punktesystem. Verstößt man gegen die Richtlinien der Plattform, werden Punkte abgezogen, bis das Konto einfach gelöscht wird.

Internetcafe in Taiwan (Foto: REUTERS)
Auch im chinesischen Internetcafé kann man nicht anonym surfenBild: Reuters

Widersprüchliche Zensur

Auch im Iran wird das Netz staatlich überwacht. "Allerdings ist die Internetzensur ein Spiegelbild der politischen Rivalitäten", erklärt Christian Mihr. Während in China manche Seiten oder Begriffe systematisch gesperrt sind, ist die Zensur im Iran wegen der vielen konkurrierenden Überwachungsstellen zum Teil widersprüchlich. Aktuell sind Seiten wie Facebook, Twitter, Youtube oder westliche Nachrichtenportale wie die Deutsche Welle gesperrt. Das zeigt die Test-Seite blockediniran.com (siehe oben). Aber die Seite der Bobs ist bisher noch freigegeben. Versucht man allerdings, die Seite mancher Nominierten aufzurufen, bekommt man auch da den Hinweis, dass sie gesperrt sind.

Bis vor kurzem konnten iranische Nutzer die Zensur mit sogenannten Virtual Private Networks (VPN) relativ einfach umgehen. Die Regierung hat "illegale" VPN-Zugänge dann gesperrt und nur noch offizielle - sprich kontrollierte - Zugänge zugelassen. "Der Iran versucht seit vielen Jahren, ein lokales Internet, das 'Halal-Netz', aufzubauen", fügt Christian Mihr hinzu. Jetzt werde versucht, die Bandbreiten für Verbindungen ins Ausland immer weiter zu reduzieren und zu verteuern, was ROG natürlich kritisch betrachtet.

Christian Mihr (Foto: ROG/Stefan Günther)
Christian Mihr gehört zur 15-köpfigen Bobs-JuryBild: ROG/Stefan Günther

Katz- und Mausspiel

Mit Psiphon kann man all diese Repressalien umgehen. 260 Millionen Seiten werden wöchentlich über Psiphon aufgerufen. Das Programm gibt es in zwei Varianten, als webbasierten Dienst oder als installierbare Applikation für Windows oder Android. Bei der ersten, einfachen Variante Psiphon 2 gibt der Nutzer den Link eines Proxy-Servers ein, der in einem "unproblematischen" Land basiert ist.

DW-Nutzer landen automatisch auf der Seite des deutschen Auslandssenders. Dadurch, dass der Link per Newsletter, Mailing und sonstigen Kommunikationswegen beworben wird, gibt es allerdings immer "das Risiko, dass man die Falschen erreicht", gibt Oliver Linow, Leiter der technischen Distribution bei der Deutschen Welle, zu. Dies gehöre aber zum Plan. So mussten in den letzten Monaten zwar mehrmals neue Proxies aufgesetzt werden, weil die Adressen entdeckt und blockiert worden waren. Im Iran habe es aber insgesamt gut funktioniert. "Es ist ein Katz- und Mausspiel", fasst Linow zusammen.

Psiphon 3, die Anwendung für Windows und Android, benutzt dagegen VPN-Technologie, um einen freien Zugang zum Internet zu gewährleisten. Nachdem der Nutzer sich eingeloggt hat, wird eine Art Tunnel bis zu einem Proxy-Server aufgebaut. Wird der Server entdeckt, ändert sich die Adresse automatisch, ohne dass der Anwender etwas tun muss.

Tasten, eine Taste zeigt eine Karte vom Iran (Foto: Fotolia/kebox)
Iran bastelt am Halal-Internet. Richtig funktioniert es aber nichtBild: Fotolia/kebox

Im Rahmen der aktuellen Kooperation der DW mit Psiphon landen alle, die sich aus dem Iran und China über Psiphon einloggen, auf einer sprachlich angepassten DW-Seite. Alle anderen Psiphon-Anwender sehen als Startseite eine Landingpage mit einer Übersicht aller DW-Sprachangebote. Seit Dienstag (23.04.2013) gibt es dort auch einen Hinweis auf die Bobs.

Halbzeitbilanz Bobs

Bei dem Online-Wettbewerb für die besten Blogs weltweit läuft der Abstimmungsprozess seit knapp drei Wochen auf Hochtouren. Mehr als 62.000 Nutzer haben seit dem 3. April ihr Voting abgegeben. Die Abstimmung läuft noch bis zum 7. Mai. In vielen Kategorien haben persischsprachige Nominierte aktuell sehr gute Karten. Mit Psiphon könnten es noch mehr werden.