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Freispruch für Christian Wulff

27. Februar 2014

Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist im Korruptionsprozess freigesprochen worden. Zwei Jahre nach dem Rücktritt als Staatsoberhaupt wurde der 54-Jährige damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet.

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2014 Freispruch für Ex-Bundespräsident Christian Wulff (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Freispruch für Christian Wulff

Die Zweite Große Strafkammer des Landgerichts Hannover sah es nicht als erwiesen an, dass Christian Wulff in seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident illegale Zuwendungen des Filmunternehmers David Groenewold angenommen hat. Wulff hat nun Anspruch auf finanzielle Entschädigung für die Durchsuchung seines Wohnhauses.

Dem früheren Bundespräsidenten Christian Wulff war in dem Prozess in Hannover Vorteilsannahme im Amt vorgeworfen worfen. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hatte er sich 2008 als niedersächsischer Regierungschef vom mitangeklagten Filmfinancier David Groenewold einen Teil der Kosten für einen Oktoberfest-Besuch bezahlen lassen. Konkret geht es um etwa 720 Euro für Hotel, Essen und Babysitter.

Freispruch für Christian Wulff

Im Gegenzug soll sich Wulff, so der Vorwurf, bei der Spitze des Siemens-Konzerns dafür eingesetzt haben, einen Film Groenewolds zu unterstützen. Beide Männer bestreiten die Korruptionsvorwürfe. Sie argumentieren, Groenewold habe ohne Wulffs Wissen einen Teil der Kosten gezahlt. Zudem verweisen sie auf eine Freundschaft, die sie seit längerem verbindet.

Vorwürfe nicht eindeutig widerlegt?

Die Verteidigung hatte mit einem Freispruch gerechnet. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer die Fortsetzung der Beweisaufnahme gefordert. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sind die Vorwürfe gegen Wulff aber nicht eindeutig widerlegt. Die Staatsanwaltschaft werde erst in der kommenden Woche entscheiden, ob sie Rechtsmittel gegen den Freispruch einlegt, hieß es in Hannover. Eine Revision müsste spätestens eine Woche nach dem Urteil eingelegt werden.

Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) äußerte nach dem Freispruch scharfe Kritik an der Arbeit der Staatsanwaltschaft Hannover. "Sie hat sich bei ihren Ermittlungen gegen Christian Wulff verrannt und hätte früher die Konsequenzen daraus ziehen müssen", sagte Hintze dem "Spiegel".

"Das Recht hat sich durchgesetzt"

Christian Wulff hat sich nach seinem Freispruch erleichtert gezeigt. "Das Recht hat sich durchgesetzt. Nun kann ich mich wieder der Zukunft zuwenden", sagte er vor dem Gerichtsgebäude in einem kurzen Statement. "Und jetzt werde ich erst mal meinen Sohn aus dem Kindergarten abholen", so Wulff weiter. Seine erwachsene Tochter Annalena, die inzwischen studiert, hatte ihn zur Urteilsverkündung ins Gericht begleitet, sie saß auf einem Zuhörerstuhl. Wulff sagte, künftig hätten seine beiden Kinder nun wieder einen erleichterten Vater.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat den Freispruch für Wulff begrüßt. Die Sympathie für ihn sei ungebrochen, eine Rückkehr in die Öffentlichkeit sei wünschenswert, sagte der Vorsitzende Kenan Kolat der "Welt". Während seiner ganzen politischen Karriere habe Wulff Migration, Partizipation, Teilhabe immer zum Thema gemacht. Wulff hatte 2010 zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit gesagt, der Islam gehöre inzwischen auch zu Deutschland.

Auch die niedersächsische CDU freute sich mit ihrem früheren Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten. "Es ist gut, dass das Verfahren nun - hoffentlich endgültig - ein Ende gefunden hat", sagte der niedersächsische CDU-Generalsekretär Ulf Thiele der "Welt". Auch der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Frieser, verlangte, einen Schlussstrich unter das Verfahren zu ziehen.

"Rücktritt war notwendig"

Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sieht Wulff mit dem Freispruch nur strafrechtlich rehabilitiert. "Politisch war sein Rücktritt als Staatsoberhaupt trotzdem notwendig", sagte Peter der "Saarbrücker Zeitung". Denn ein Bundespräsident müsse schon den bösen Schein vermeiden, für Gefälligkeiten einflussreicher Freunde aus der Wirtschaft allzu empfänglich zu sein

Wulff war am 17. Februar 2012 vom höchsten Staatsamt zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung seiner Immunität beantragt hatte. In der Geschichte der Bundesrepublik hat es ein solches Vorgehen gegen einen Bundespräsidenten noch nicht gegeben.

kle/zam/kas/wl (dpa, afp, rtr, kna)