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Freiwillige vor!

Bianka Echtermeyer2. Juni 2003

Einmal für längere Zeit ins Ausland gehen! Spaß haben, Leute kennen lernen und nebenbei eine Fremdsprache lernen. Davon träumen viele Jugendliche in Europa. Wieso nicht mal mit dem Internationalen Freiwilligendienst?

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Internationaler Freiwilligendienst - zum Beispiel im KinderheimBild: BilderBox

Atilim lächelt verschwitzt. Der junge Türke beobachtet singende Kinder auf einem Trampolin. Mit den Händen klatscht er den Rhythmus des Kinderliedes mit. Die Knie wippen leicht. Nur das Mitsingen will nicht so ganz gelingen. Er setzt an, singt eine Zeile und hört dann wieder auf. Deutsche Kinderlieder kann er sich noch nicht so gut merken.

Ein Job, der Spaß macht

Der 23-jährige Istanbuler arbeitet als Freiwilliger für ein halbes Jahr in einem Kinderheim in Köln. Die herzliche Art, wie er mit Kindern umgeht, fällt besonders auf. Die Kleinen toben um ihn herum und rufen nach ihm, als er seinen Rundgang durch den Garten des Kinderheims fortsetzt. Fast jedes der 100 Kinder hier kennt er inzwischen mit Namen.

Partner in aller Welt

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Kölner Freiwilligen Agentur

Atilim Tezcanoglu war der erste, der den Austausch der Kölner Freiwilligen Agentur genutzt hat. Die Agentur vermittelt Jugendliche aus Köln in die Partnerstädte der Domstadt und umgekehrt. Und Partnerstädte gibt es inzwischen einige: Barcelona in Spanien, Cork in Irland, Istanbul in der Türkei, Rotterdam in den Niederlanden, Cluj Napoca in Rumänien und Katowice in Polen. Sechs bis zwölf Monate lang arbeiten die Jugendlichen in sozialen und kulturellen Einrichtungen. Dafür bekommen sie ein monatliches Taschengeld von 175 Euro. Unterkunft und Verpflegung sind kostenfrei.

Deutsch lernen ganz nebenbei

Atilim hat von diesem Angebot durch einen Freund erfahren. Als dieser von seinem Freiwilligendienst absprang, sagte er spontan als Ersatzmann zu. Sein Studium zum Lebensmittelingenieur hatte er gerade abgeschlossen und seine Deutschkenntnisse wollte er schon lange aufbessern. Aber nun, nach knapp vier Monaten, bedeutet der Aufenthalt mehr für ihn: "Das ist für mich Lebenserfahrung, nicht nur Sprache. Du bist allein hier und kennst nichts und du musst immer neue Sachen lernen und neue Kontakte finden." Vor dem Eingang des Kinderheims trifft Atilim seinen Mentor, Rolf Kiklasch. Der Rentner arbeitet ehrenamtlich für die Kölner Freiwilligen Agentur. Er schaut immer mal wieder bei Atilim vorbei und kümmert sich um alle großen und kleinen Probleme. Auch er ist überzeugt davon, dass Freiwilligendienst mehr ist als nur Sprachaufenthalt: "Jugendaustausch hat viele Gesichter. Wenn man das in sozialen Einrichtungen macht, sind die Jugendlichen in einen Arbeitsumfeld eingebunden, der ihnen den Blick öffnet für die Kultur des anderen Landes und intensiven Kontakt mit der jeweiligen Bevölkerung schafft."

Kleine und große Probleme

Die Einrichtungen bekommen also eine zusätzliche Arbeitskraft, und die Freiwilligen die Chance, ein anderes Land kennen zu lernen. Doch so einfach, wie es klingt, ist es natürlich nicht immer. Gerade am Anfang hatte Atilim Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen. Rolf Kiklasch nickt Atilim zu. Er hatte schnell bemerkt, wie schwer es für den jungen Türken war, deutsche Freunde zu finden. Weil Kiklaschs Bekannte zu alt für Atilim waren und im Kinderheim das Personal drei mal täglich wechselte, kümmerte er sich um andere Kontakte. Er rief Studentenorganisationen an, durch die Atilim nun Freunde gefunden hat.

Bei Kiklaschs Arbeit für die Freiwilligen Agentur tauchen aber noch ganz andere Probleme auf. Oftmals ist es schwer, überhaupt soziale oder kulturelle Einrichtungen zu finden, die Freiwillige aufnehmen: "Diese Einrichtungen müssen ja auch etwas erfüllen: Geld, Engagement, da kommt jemand mit einer fremden Sprache, das ist oft schwierig für die Unternehmen." Diese Schwierigkeiten hatte Atilim jedoch nicht. Er wohnt im Kinderheim und fühlt sich hier auch integriert. Und er ist sicher, wenn er noch ein wenig länger bleibt, kann er bald auch die deutschen Kinderlieder mitsingen.