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Taktik von den Alten lernen

Marko Langer
2. Juni 2017

Agassi und Lendl und Onkel Toni: Vielleicht sind die Trainer die eigentlich Stars der diesjährigen French Open, eines Turniers, das sonst bislang durch eine gewisse routinierte Langeweile auffällt.

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French Open - Roland Garros- Agassi und Djokovic
Bild: picture-alliance/DPPI Media/S. Allaman

Roger ist nicht da. Serena? Schwanger - und nur im Publikum bei den Spielen ihrer Schwester. Das Fehlen von Federer und Wiliams macht sich in diesem Jahr in Roland-Garros deutlich bemerkbar. Maria Scharapowa? Durfte als gefallene Ex-Dopingsünderin gar nicht mitmachen. Kerber? Von der Rolle. Dem Turnier fehlen bislang die großen Momente.

Der große "Scoup"

French Open - Roland Garros- Serena Williams mit ihrem Trainer
Patrick Mouratoglou (im Vordergrund) hat niemanden zu trainieren bei den diesjährigen French Open. Seiner - schwangeren - Spielerin Serena Williams leistet er trotzdem Gesellschaft.Bild: picture-alliance/abaca/N. Berzane

Bei den Männern läuft alles auf die Frage hinaus, ob sich der Sandplatzkönig Rafael Nadal gegen Titelverteidiger Novak Djokovic auf dem Weg ins Finale durchsetzen kann. Nadal gegen Djokovic - das Duell lässt auch die älteren Herren in der Spielerbox in den Mittelpunkt rücken: die Trainer. Vielleicht sind sie die eigentliche Attraktion des Turniers.

Denn Onkel Toni ist immer noch dabei: Toni Nadal, der seinen Neffen an die Weltspitze geführt hatte, will sich eigentlich mit Blick auf den Einfluss des jungen Kollegen Carlos Moya im Team bis spätestens 2018 zurückziehen. Und auf der anderen Seite - der große "Scoup" im Trainergeschäft: Andre Agassi kümmert sich um Novak Djokovic. Ein wenig jedenfalls. Der Serbe hatte bekanntlich im letzten Jahr die Zusammenarbeit mit Boris Becker beendet und sich nun, unmittelbar vor Paris, auch von seinem restlichen Trainerteam getrennt. Nur Pepe Imaz, der wegen seines Augenmerks auf Leib und Seele Djokovics von Spöttern als "Guru" tituliert wird, ist noch mit von der Partie.

Vor allem aber sitzt Agassi nun auf der Tribüne von Philippe-Chatrier und schaut betont unbeeindruckt dem bisherigen Erfolgen von Djokovic zu. Mal die Sonnenbrille auf der Glatze, mal auf der Nase. Nach dem Matchgewinn in der ersten Runde konnte man zählen, wie Agassi exakt vier mal in die Hände klatschte. Das musste reichen an sichtbarer Emotion. Agassi zurück auf der Tennis-Tour? Ein Versuchsballon, haben beide erklärt. Der 47-jährige US-Amerikaner ließ noch durchblicken, dass er ohnehin eine Paris-Reise geplant hatte. Dazu muss man wissen, dass der "Official Timekeeper of the French Open" ein wichtiger Werbepartner von Agassi und seiner Frau Steffi Graf ist. Da kann man sich schon einmal sehen lassen. Bis zum Ende des Turniers will Agassi aber wohl nicht bleiben, munkelt man.

Es ist das erste Mal, dass sich dieser Ausnahmespieler vergangener Zeiten um einen Ausnahmespieler von heute kümmert. Sein Vorgänger Boris Becker war und ist von dieser Meldung so fasziniert, dass er Agassi in der Box seine Aufwartung machte.

Und mit  Blick auf die Formschwäche von Angelique Kerber wurde Becker nicht müde, wahlweise sich selbst oder eine Rückkehr der "Gräfin" vorzuschlagen. Als eine Art Super-Coach von Kerber, mit der Steffi Graf immer wieder gesprochen und gelegentlich in Las Vegas auch trainiert hat. Dass aber die introvertierte Steffi Graf als Mitwirkende auf die Tour zurückkehrt - in das, was heute noch viel mehr als zu ihren Zeiten ein Tennis-Zirkus ist - kann man sich kaum vorstellen. Auch wenn die Fans sich stets freuen, Steffi und Angie zusammen zu sehen.  

Eine große Geschichte wäre es aber auf jeden Fall. So wie es die Verpflichtung von Stefan Edberg durch Federer vor einigen Jahren war. Doch dieses Beispiel zeigt auch, wie kompliziert solche Star-Paarungen mitunter sind. Denn Edberg, in seiner Heimat Schweden unverändert selber ein Star, reiste ungern. Und Federer erkannte womöglich auch, dass sein heutiger Coach Ivan Ljubicic der richtige Mann für den nächsten, womöglich letzten Karriereabschnitt sein könnte.

Von Ivan Lendl erzählt man sich auch, dass er ebenfalls eher ungern reist. Dennoch ist er mit Andy Murray nach Paris gekommen. Lendl begrüßt die Profis recht freundlich beim Training und macht ansonsten, was er immer macht: Sonnenbrille aufsetzen, schweigen und seinem Schützling ungerührt zuschauen. Insofern ist Lendl eine Art Vorbild für Agassi.

French Open - Roland Garros- Lendl und Murray
"Schau mal da, Tomatensauce auf dem Hemd". Das könnte Coach Ivan Lendl seinem Spieler Andy Murray sagen. Oder aber: "Hör' auf, herumzumaulen." Der genaue Wortlaut dieser Szene ist leider nicht überliefert. Bild: Reuters/B. Tessier

Für Coaches, die keinen derart berühmten Namen haben, kann das Leben auf der Tour mitunter noch härter sein. Gerade bei den Damen wird gerne schon mal kurzfristig ausgetauscht. Der Niederländer Sven Groeneveld, der Maria Scharapowa seit 2013 begleitet, ist da schon eine renommierte Ausnahme an Beständigkeit. Ansonsten könnte man fast eine Trainertypologie entwerfen: Väter (Piotr Wozniacki bei Caroline oder Alexander Zverev senior), quasi Jugendfreunde  (Torben Beltz bei Kerber) oder die Top-Trainer mit eigener Akademie. Patrick Mouratoglou, der Coach von Serena Williams, hat sich an der Seite seiner Spielerin in den vergangenen Jahren ein solches Imperium aufgebaut. Bei den Männern darf der Schwede Magnus Norman als - allerdings stillerer - Star gelten: Dass Stan Wawrinka, Sieger in Paris im Jahr 2015, sich so nachhaltig in der Weltspitze festgesetzt hat, ist vor allem das Verdienst von Norman.

Trainer für acht Tage 

Und dann gibt es noch die Eintagsfliegen: John McEnroe kümmerte sich vergangenes Jahr kurzzeitig um den Kanadier Milos Raonic. Vor den US Open war wieder Schluss. Auch Mats Wilander war - allerdings sehr vorübergehend - an der Seite eines Profis, der US-Spielerin Madison Keys. Von solchen Namen erhoffen sich die Spielerinnen und Spieler weniger eine Verbesserung ihrer Schläge, sondern mehr mentale Unterstützung. Mit anderen Worten: Taktik von den Alten lernen. Im Fall der Verbindung von Wilander und Keys dauerte der Testlauf gerade einmal acht Tage. Nun steht Wilander wieder vor der "Eurosport"-Kamera. Dort, wo auch Boris Becker ist. Bis auf weiteres.