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Frieden schaffen ohne Waffen

Heinz Gstrein 10. April 2003

Saddams Regime ist offenbar am Ende - dennoch gibt es am Wochenende wieder einen Aktionstag gegen den Irakkrieg. Auch die protestantischen, katholischen und orthodoxen Kirchen waren von Anfang an gegen den Krieg.

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Die orthodoxen Kirchen sind mehrheitlich gegen den KriegBild: AP

In der russisch-orthodoxen Kirche ist das Erbe des Kalten Krieges noch lebendig: Die Kommunisten hatten einst den Kirchenführern Friedenspropaganda gegen die angeblichen westlichen Kriegstreiber verordnet. An dieser Haltung hat sich bis heute nichts geändert. Die Ablehnung des Krieges im Irak wird auch vom russischen Volk unterstützt. Nach einer letzten Umfrage der Moskauer Akademie der Wissenschaften sehen 62 Prozent der Russinnen und Russen in der Friedensarbeit die eigentliche Hauptaufgabe ihrer Kirche.

Beziehungspflege nach beiden Seiten

Die Aufrufe von Patriarch Aleksij II. gegen den "ungerechten, unchristlichen Krieg" der Amerikaner und Engländer im Irak spiegeln sein Verhältnis zum russischen Präsidenten Putin wider: Die russische Orthodoxie heißt die Kreml-Politik im allgemeinen gut. Auch zu den orientalischen Christen ostsyrischer Herkunft, die heute vor allem im Irak leben, pflegt die orthodoxe Kirche schon lange enge Beziehungen. Bereits die Zaren hatten sich zu Schutzherren dieser - meist Assyrer oder Nestorianer genannten - "Apostolischen Kirche des Orients" erklärt.

Im Innern weit weniger friedlich

Ihr Friedenskurs nach außen hindert Russlands Orthodoxie aber nicht, im eigenen Staat recht kriegsfreundlich, fast militant aufzutreten. Der russische Kampf gegen die Muslim-Separatisten in Tschetschenien wird vom Moskauer Patriarchat sehr wohl abgesegnet. Truppeneinheiten, Kampfbomber oder U-Boote werden der Orthodoxie und der Gottesmutter Maria geweiht. Der Kult von Soldatenheiligen findet bei Pfarrern und Bischöfen eifrige Förderer.

Pazifistische Orthodoxe in Europa

Ähnlich wie in Russland ist die antiamerikanische Stimmung auch bei den griechischen, bulgarischen und vor allem serbischen Orthodoxen. Bei diesen kommt noch die bittere Erinnerung an den Kosovokrieg vor vier Jahren dazu. In Belgrad werden daher jetzt an der Kirchenspitze Parallelen zwischen der Bombardierung der eigenen Stadt und der Bombardierung von Bagdad gezogen.

Der Athener Erzbischof Christodoulos sorgt sich in erster Linie um die starke griechische Gemeinde in der irakischen Hauptstadt. Es handelt sich dabei um Nachkommen von Orthodoxen aus Kleinasien, die vor 80 Jahren türkischen Massakern in den damals britischen Irak entkommen waren. Heute geraten sie im Karrada-Viertel von Bagdad in den Bombenhagel der US-Truppen.

Geteilter Meinung sind nur die Rumänen: Die Orthodoxen sind anderer Meinung als die Vertreter der mit der römisch-katholischen Kirche verbundenen 'unierten katholischen Ostkirche'. So wird bei den Orthodoxen von Petresti im Norden Bukarests vor einer Bush-Ikone für den Sieg der amerikanischen Waffen über Saddam gebetet. Der rumänisch-katholische Diasporabischof für die USA, Gion Botea, hat hingegen jeden Kriegsdienst im Irak zur Todsünde erklärt.