1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Friedensstifter Jimmy Carter am Nobel-Ziel

11. Oktober 2002

Als US-Präsident eher glücklos, als Ex-Präsident rastlos: Auf Jimmy Carters Lebensweg reihen sich prominente Stationen der Friedensvermittlung aneinander.

https://p.dw.com/p/2k7U
"Der beste Ex-Präsident aller Zeiten": Jimmy Carter (78)Bild: AP

Jetzt hat Jimmy Carter nach Ansicht seiner Bewunderer mit dem Friedensnobelpreis endlich die Anerkennung erfahren, die er seit langem verdient. Denn kaum einer war eifriger um das Friedensstiften in aller Welt bemüht als der 78 Jahre alte 39. US-Präsident (1977-81). Von seinem "Heimatstützpunkt" Atlanta im Bundesstaat Georgia aus war der frühere Erdnusspflanzer und gelernte Nuklearingenieur immer zur Stelle, wenn man ihn als Vermittler oder Wahlbeobachter rief.

An zahlreichen Konfliktherden aktiv

Ob in Nigeria, den Philippinen, Taiwan oder Indonesien - der so genannte "beste Ex-Präsident aller Zeiten" wurde aktiv. Manchmal, aber nicht immer, half er dem Weißen Haus damit. Kurz vor seinem 70. Geburtstag handelte er mit dem Militärregime in Haiti eine friedliche Konfliktlösung aus, so dass Invasionstruppen ohne Widerstand landen konnten. In Somalia sabotierte er dagegen die erfolglose US-Kampagne gegen Clanchef Mohammed Aidid. In Nordkorea verkündete er zum Entsetzen Washingtons bei weitem verfrüht ein Ende von Sanktionen. Im Mai dieses Jahres reiste er nach Kuba, forderte demokratische Reformen in dem kommunistischen Staat, aber sprach sich auch für die Aufhebung des amerikanischen Embargos gegen die Karibikinsel aus.

Kritik an der Bush-Regierung

Als Ehemaliger scheute er sich nicht, seine Nachfolger zu kritisieren. Erst vor einem Monat feuerte er eine Breitseite auf George W. Bush ab: Der Irak sei keine akute Gefahr, rügte Carter, mit seinen Alleingängen gefährde Bush den gemeinsamen Krieg gegen den Terror. Seine republikanischen Nachfolger Ronald Reagan und George Bush Senior lehnten stets dankend ab, wenn Carter seine Dienste anbot. Auch sein demokratischer Parteifreund Bill Clinton hielt anfangs Distanz, weil Carter als glückloser Politiker galt, der in seiner Amtszeit nur einen herausragenden Erfolg hatte: den Friedensschluss zwischen Israel und Ägypten in Camp David.

Von Misserfolgen zur weltweiten Achtung

Pech und Misserfolge überwogen in der Carter-Ära, allen voran die missglückte Befreiungsaktion für die in Iran als Geiseln genommenen amerikanischen Diplomaten. Aber das änderte sich, und es war Clinton, der Carter und seiner Frau Rosalynn die Friedensmedaille verlieh, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Das Carter-Center in Atlanta, nicht weit von seinem Geburtsort Plains entfernt, ist die Basis des Ex-Präsidenten für seine diplomatischen Aktivitäten. Nach Ansicht früherer Mitarbeiter wird der Südstaatler von seiner tiefen Religiösität dazu getrieben, unermüdlich als Weltverbesserer zu wirken. Im In- und Ausland ist er sozialpolitisch mit der Hilfsorganisation "Habitat for Humanity" stark engagiert. Anhänger nennen ihn einen politischen Moralisten. Kritiker vermuteten ein weniger selbstloses Motiv: er wäre ruhelos auf der Jagd nach einem Preis, der ihm nach Camp David versagt blieb, dem Friedensnobelpreis. Nominiert dafür war er mehrfach, jetzt hat er ihn bekommen. (dpa/dk)