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Hartz IV in der Kritik

30. November 2015

Opposition und Sozialverbände schlagen mit Blick auf die wachsende Armut in Deutschland Alarm. Die Partei "Die Linke" fordert die Bundesregierung auf, Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

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Deutschland Bettlerin mit Kind (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Armut ist gefährlich - vor allem im Winter. "Wir werden wieder erleben, dass hunderttausende Menschen unterm Weihnachtsbaum sitzen und frieren müssen, weil sie ihre Stromrechnung nicht bezahlen konnten", klagt "Die Linke"-Vorsitzender Bernd Riexinger. Jeder dritte Arbeitslose hatte im vergangenen Jahr Schwierigkeiten, sich mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu leisten. Jeder fünfte hatte Probleme, die Miete zu zahlen. Das geht aus Befragungsdaten des Statistischen Bundesamtes hervor. Die Linke fordert nun erneut eine Erhöhung der Mindestsicherung von derzeit 399 auf 500 Euro monatlich.

"Hartz IV hat versagt"

Auch der paritätische Wohlfahrtsverband, ein Zusammenschluss verschiedener sozialer Organisationen, sieht Grund zur Sorge. "Hartz IV hat versagt", kritisierte Geschäftsführer Ulrich Schneider. Das Arbeitslosengeld II sei häufig ein Synonym für Perspektivlosigkeit, eine rasche Vermittlung in die Arbeitswelt gelinge selten: "70 Prozent der Menschen in Hartz IV sind Langzeitbezieher."

Ab 2016 sollen alleinstehende Langzeitarbeitslose fünf Euro mehr pro Monat erhalten. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte die Anhebung als zu gering und einen "Stillstand für die Bezieher" kritisiert. Der Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, Michael Eilfort, bezeichnete die Erhöhung dagegen als "Anreiz zu Nichtarbeit in Deutschland".

In seinem diesjährigen Armutsbericht verzeichnet der paritätische Wohlfahrtsverband ein Rekordhoch der Armutsquote. Rund 12,5 Millionen Menschen leben demnach in Deutschland unterhalb der Armutsgrenze. In den ärmsten Bundesländern, zum Beispiel in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern, seien sogar bis zu 20 Prozent der Bevölkerung von Armut betroffen. Seit 2006 seien die Zahlen kontinuierlich angestiegen.

Flüchtlinge drohen die "Armen von morgen" zu werden

Österreich Deutschland Flüchtlinge bei Passau (Foto: Reuters)
Die Linke fordert die Bundesregierung auf, die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu priorisierenBild: Reuters/M. Dalder

Verbandschef Schneider kritisiert zudem, die Integration der Flüchtlinge in Gesellschaft und Arbeitsmarkt laufe viel zu schleppend an. Sie drohten deshalb die Armen von morgen zu werden. "Allein 180 000 Kinder müssen irgendwie in die Regelschulen." Linke-Co-Vorsitzende Katja Kipping forderte die Bundesregierung auf, für eine forcierte Flüchtlingsintegration Abschied von der "Schwarzen Null" im Bundeshaushalt zu nehmen.

Unterdessen warnt die Nationale Armutskonferenz in Köln davor, arme Gruppen in Deutschland gegeneinander auszuspielen. "Eine zunehmende Konkurrenz auf den Wohnungsmärkten und bei der Notversorgung ist offensichtlich und war vorhersehbar", teilt die Armutskonferenz in einer Erklärung mit dem Titel "Solidarität statt Konkurrenz!" mit. Zuwanderung wirke zwar in vielen Bereichen verstärkend, sei aber nicht Auslöser der Krise.

hk/rb (dpa, epd)