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Frischer Wind für Straßburg

Katrin Matthaei25. Mai 2004

Der Countdown läuft: Am 13. Juni wählen 450 Millionen Europäer ein neues EU-Parlament in Straßburg. Viele der Kandidaten treten zum zweiten oder dritten Mal an. Doch es gibt auch Neulinge.

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Das Ziel vor Augen: EU-Parlament in StraßburgBild: AP

Am Europa-Parlament in Straßburg scheiden sich die Geister. Die einen beschwören seinen demokratischen und Völker verbindenden Geist. Für die anderen ist es eine Volksversammlung ohne Macht. Eigene Gesetze können die Parlamentarier in Straßburg nicht einbringen. Wer hier kandidiert, muss Idealist sein - oder Pragmatiker, wie Josephine Wood, 32, Kandidatin der englischen Labour Party. Sie ist gegen eine Ausweitung der Kompetenzen des Europa-Parlaments: "Wenn das Parlament eigene Gesetze vorschlagen dürfte, würden die Flügelkämpfe der Fraktionen zum Chaos führen. Das Parlament muss erst noch mündig werden, mehr Rechte sind nutzlos, wenn man noch nicht erwachsen ist."

Straßburg statt Stockholm

Die Entscheidungsbereiche der Europäischen Union sind mit dem Vertrag von Maastricht 1992 enorm gewachsen - und damit auch die Attraktivität eines EU-Mandats in Straßburg. Für manche sogar attraktiver als eine Karriere in der nationalen Politik. Die hat der 27-jährige Christopher Fjellner für seine Europa-Kandidatur erst einmal auf Eis gelegt: In Schweden ist er Präsident der Jugendorganisation der konservativen Moderaterna-Partei. Sein Listenplatz ist gut, seine Chancen bei den Europa-Wahlen vielversprechend. Er wolle sich vor allem auf den europäischen Binnenmarkt und den freien Arbeitsmarkt konzentrieren, sagt Fjellner. Entscheidungen in diesen Bereichen würden nicht mehr in Schweden getroffen. "Das regelt jetzt die Europäische Union in Brüssel und Straßburg. Ich möchte aber an der Veränderung dieser Politikbereiche mitwirken, und dann muss ich eben dorthin gehen, wo die Entscheidungen getroffen werden."

Viel Bürokratie

Doch die Dinge in Straßburg und Brüssel bewegen sich nur langsam. Schließlich wollen alle 25 Mitgliedsländer ihre Vorstellungen in die Gesetzesvorschläge einbringen, keiner will übervorteilt werden. Da kann es schon mal dauern, bis ein neues Stück EU-Recht endgültig angenommen und für die Mitgliedsländer verbindlich wird. Das bürokratische und langwierige Konsensverfahren ist für Florent Marcellesi das Opfer, das eine starke Europäische Union in Kauf nehmen muss. Marcellesi ist 25 Jahre alt und kandidiert für die französischen Grünen. Wenn man heute wirklich etwas verändern wolle, gehe das nur auf europäischer Ebene, sagt er. "Und um die Politik der Europäischen Union zu verändern, muss man in diese Instanzen selbst gehen, mit den anderen Parteien diskutieren und versuchen, eine Mehrheit zu finden."

Eine Stimme für alle

Trotz unterschiedlicher Parteibücher hat der junge Nachwuchs im Europa-Parlament ein gemeinsames Ziel: Eine starke Europäische Union. Die aber muss sich ihren Bürgern gegenüber besser verkaufen. Alle drei Kandidaten kennen das Misstrauen und die Euro-Skepsis in ihren Heimatländern England, Frankreich und Schweden. Zu einer starken Union gehört ihrer Meinung nach eine gemeinsame Stimme - auch in der Außenpolitik. Eine Frontbildung wie beim Irak-Krieg dürfe sich nicht wiederholen. Dafür werben sie nun im Wahlkampf in ihren Ländern. Falls dann die Reise nach Straßburg trotzdem nicht klappen sollte, hat Josephine Wood ihre eigenen Europa-Pläne: "Erst einmal werde ich Urlaub machen und mir meine nächsten Ziele überlegen. Da sich EU-Bürger in jedem Mitgliedsland in der Regionalpolitik oder Europa-Politik engagieren können, habe ich mir überlegt, dass ich vielleicht bei den belgischen Sozialdemokraten mitmache und in Brüssel bleibe."