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Fußball-EM 2012 - Chancen für deutsche Bauunternehmen

13. März 2008

2012 sollen Polen und die Ukraine die Fußball-EM ausrichten. Doch es fehlt an Stadien, Hotels, Straßen. Auch in Flughäfen und Schienennetze muss investiert werden. Davon kann auch die deutsche Bauwirtschaft profitieren.

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Zuschlag für Polen und die UkraineBild: AP

Die Flaute im deutschen Baugeschäft hält schon seit Jahren an und die Aussichten bleiben trübe, da ist sich Frank Kehlenbach, Geschäftsführer beim Hauptverband der deutschen Bauindustrie sicher. Denn der Wettbewerb, so sagt er, werde noch intensiver werden, spätestens wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz in der gesamten EU frei wählen könnten und Dienstleistungsmärkte aller Mitgliedsstaaten frei zugänglich würden: "Die Wachstumsraten in der deutschen Bauwirtschaft bleiben auf absehbare Zeit niedrig. Demgegenüber wird das internationale Bauvolumen weiterhin kräftig steigen."

Großer Investitionsbedarf in Polen

Ungarn, Tschechien und Polen sind für die deutsche Bauindustrie im mittel- und osteuropäischen Raum die bislang attraktivsten Märkte. In Polen ist das Bauvolumen in den letzten vier Jahren von 23 auf über 30 Milliarden Euro gestiegen. Mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft ist das aber noch lange nicht alles. "Die Gesamtkosten in Polen für die Organisation der EM 2012 werden auf 27 Milliarden Euro geschätzt. Der Investitionsbedarf für die Transport-Infrastruktur wird auf elf Milliarden Euro geschätzt. Der Investitionsbedarf für den Stadienbau auf 720 Millionen Euro", so Kehlenbach.

Das größte Fußball-Stadion soll in Warschau entstehen und wird von einem Architektenkonsortium entworfen, das sowohl in Deutschland als auch in Polen Büros unterhält. In Warschau soll zudem eine neue U-Bahn-Linie zum Stadion gebaut werden, ein neuer Flughafen-Terminal ist geplant, und der Zentralbahnhof soll überholt werden. Darüber hinaus müssen die Hotelkapazitäten drastisch aufgestockt werden. Das gilt auch für die übrigen Austragungsorte Posen, Danzig und Breslau. 930 Kilometer Autobahn sollen neu gebaut werden und rund 2.000 Kilometer Schnellstraßen.

Gute Chancen für deutsche Firmen

Lars Bosse, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer, geht allerdings davon aus, dass es das nationale Ausschreibungsverfahren Ausländern schwer machen werde, um die Aufträge in der Region zu halten. Die Handelskammer bietet daher ihre Hilfe an und gibt auch Tipps für den formalen Teil. "Es ist alles sehr formalistisch. Wenn sie sich aber an die formalen Dinge halten, dann haben sie eine gute Chance", erläutert Bosse.

Wohl auch, weil die Kapazitäten in Polen bereits knapp werden. Es gibt einen Fachkräfte-mangel, weil viele polnische Arbeitnehmer nach Westeuropa gegangen sind, außerdem unterscheiden sich die Lohnkosten nur noch marginal von denen in Deutschland. Neben Fachkräften seien aber auch deutsche Werkstoffe in Polen gefragt, so Bosse: "Baustoffe sind in Polen deutlich teurer. Es gibt sehr gute Absatzmöglichkeiten, und es geht sogar soweit, dass bestimmte Baustellen in Polen, ob nun Ladenbau oder auch Hochbau, von Ostdeutschland aus gemacht werden, weil das Lohnniveau nur noch zehn Prozent Unterschied beträgt."

Ukrainischer Markt komplizierter

In der Regel werden Generalunternehmer mit der Bauausführung beauftragt. Das kann für kleine und mittelständische Unternehmen durchaus Vorteile haben, denn sie können dann Aufträge vom Generalunternehmer erhalten und müssen gar nicht an den nationalen Ausschreibungen teilnehmen.

Ein Verfahren, das sich auch in der Ukraine anbietet. Denn dort sei der Einsatz für ausländische Firmen ungleich komplizierter als in Polen, wie Frank Kehlenbach vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sagt: "Der ukrainische Markt ist schwierig. Das heißt, die Finanzierung ist fraglich, die Bürokratie ist ein Problem, und es gibt häufig Änderungen im Bau-, Planungs- und Vergaberecht. Von daher ist klar, dass man nur Chancen hat, wenn man vor Ort ist, dort die Leute kennt und von seinen Argumenten überzeugen kann." Außerdem haben in der Ukraine bereits einige reiche Privatmänner den Bau von Stadien am Staat vorbei in die Hand genommen.

Gewaltiges Auftragsvolumen in der Ukraine

Insgesamt lockt in der Ukraine ein noch größeres Auftragsvolumen als in Polen. Gesicherte Zahlen liegen nicht vor, doch die Infrastruktur ist in einem geradezu katastrophalen Zustand. Acht neue Grenzübergänge sollen zwischen Polen und der Ukraine eingerichtet werden, die entsprechenden Straßen eingeschlossen. Von der Westgrenze der Ukraine ist eine Autobahn quer durch das ganze Land nach Luhansk an der Ostgrenze geplant. Das sind etwa 1.300 Kilometer. Französische und chinesische Baukonzerne führen bereits Verhandlungen. In den Austragungsstädten der EM müssen neue Stadien und vor allem auch Hotels gebaut werden.

Chancen für deutsche Unternehmen sieht Karin Rau, die Delegierte der deutschen Wirtschaft in der Ukraine, aber auch bei der Sanierung und Restaurierung der zum Teil noch erhaltenen historischen Stadtkerne: "Dort ist deutsche Wirtschaft gefragt. Denken sie an Fassaden, an Dächer, an Dämmungen. Dort müssen wir eintakten. Wo wir nicht sind, da sind die anderen - und die sind schon da."

Sabine Kinkartz