Nachwuchsfußballer und Berufsausbildung Fußball - und was noch?
10. Juni 2009Es ist ein kalter Abend in Hamburg. Auf einem Fußballplatz trainiert die A-Jugend des FC St. Pauli. Die in braune Trainingsanzüge gekleideten Kicker spielen sich unter dem Kommando von Trainer Joachim Philipkowski die Bälle hin und her. Einer von ihnen ist Sascha Kuzmanov. Der 18-jährige Junge mit den blonden, hochgegelten Haaren spielt im Angriff und hat in der Hinrunde der Saison 2008/2009 in der Junioren-Bundesliga fünf Tore erzielt. Sein großer Traum: "Mein Vorbild ist der spanische Angreifer Fernando Torres, einer der besten Stürmer der Welt. Ich würde gerne einmal mit ihm zusammen stürmen." Die ersten Schritte dafür sind gemacht. Einen Anschlussvertrag für die U23 hat er bereits, von da aus soll es am besten in den Profikader des Zweitligisten gehen.
Berufsausbildung als zweites Standbein
Doch Kuzmanov weiß, dass im Fußballgeschäft nichts sicher ist. Kein Nachwuchsspieler kann davon ausgehen, tatsächlich einen Profivertrag zu bekommen. "Wenn man sich verletzt oder irgendetwas anderes schlimmes passiert, dann hat man nichts in der Tasche. Deshalb ist es besser, wenn man sich bewirbt und eine Ausbildung anstrebt," sagt er.
Weil das auch die Verantwortlichen beim FC St. Pauli wissen, unterstützt der Verein seine Jugendspieler dabei, einen Beruf zu finden und sich damit ein zweites Standbein aufzubauen. Für die jungen Kicker ist Birgit Voigtländer Ansprechpartnerin. Die 36-Jährige ist Koordinatorin des Ausbildungsprojekts.
Hilfe von der Bewerbung bis zur Ausbildungsplatzsuche
Wenn die Spieler 16 Jahre alt sind, taucht sie erstmals nach dem Training in der Umkleidekabine auf und stellt sich vor. Es folgen eine Informationsveranstaltung und Einzelgespräche. Die Frau mit den langen, blonden Locken und dem sympathischen Lächeln im Gesicht hilft jedem Spieler, wo es geht: Sie erarbeitet mit ihnen Bewerbungsmappen, vermittelt Praktika und sucht nach einem passenden Unternehmen oder einer Schule. Dafür gibt es einen großen Pool mit rund 40 Betrieben, die mit dem Club zusammenarbeiten.
Die Firmen müssen zwar Rücksicht auf Trainingszeiten und Spieltermine nehmen, bekommen dafür aber auch Auszubildende mit ganz speziellen Qualifikationen, so Voigtländer: "Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit. Das haben die Spieler schon auf dem Trainingsgelände gelernt. Wenn ich zu spät komme oder unzuverlässig bin, dann sitze ich auf der Bank." Auch deswegen ist die Nachfrage nach den Spielern auf Unternehmensseite groß.
FC St. Pauli: Clubs stehen in der Verantwortung
Das gesamte Projekt lässt sich der FC St. Pauli rund 15.000 Euro pro Jahr kosten. Das Geld kommt über Fördermitgliedsbeiträge in die Kasse. Nur wenige Vereine in Deutschland unterstützen ihre Nachwuchsspieler in diesem Bereich so umfassend wie die Hamburger. Hoffenheim und Freiburg gehören dazu. Bei den meisten Clubs spielt das Engagement aber eine untergeordnete Rolle. Auch beim Deutschen Fußball Bund ist dieser Bereich bislang kein großes Thema. Zwar untersucht und bewertet der DFB regelmäßig die Qualität der Nachwuchsarbeit jedes Vereins, doch die Ausbildungsförderung ist dabei kein Kriterium. Das müsste sie aber, meint man beim FC St. Pauli, schließlich hätten die Clubs eine Verantwortung ihren Spielern gegenüber. Wer es als junger Mensch auf dem Fußballplatz nicht schaffe, dürfe nicht in ein Loch fallen. Sascha Kuzmanov wird das sicher nicht passieren. Er hat jetzt einen Ausbildungsplatz zum Industriekaufmann.
Autor: Felix Hoffmann
Redaktion: Wolfgang van Kann