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Fukushima-Konzern gibt Lüge zu

12. Oktober 2012

Das Risiko eines Tsunami war den Betreibern der Atomanlage von Fukushima bewusst. Tepco hat jetzt eingeräumt, es aus Angst vor einer Stilllegung bewusst heruntergespielt zu haben.

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Demonstration in Japan gegen Atomkraft. Fahne: "No Nukes" (foto:REUTERS)
Bild: Reuters

Die Tokyo Electric Power Company, kurz Tepco, hat eine radikale Kehrtwendung in ihrer Einschätzung des Atomunfalls im März 2011 vollzogen: Bislang hatten die Verantwortlichen stets behauptet, der 15 Meter hohe Tsunami, der nach einem schweren Erdbeben die Anlage von Fukushima überschwemmte und eine Atomkatastrophe auslöste, sei unvorhersehbar gewesen. In einem jetzt veröffentlichten Bericht gibt das Unternehmen zu, die Gefahren gekannt und bewusst verharmlost zu haben. "Es gab eine latente Angst vor der Schließung", heißt es in dem Dokument.

Atomanlage von Fukushima am 21.03.2011 (Foto: Photo supplied by Tokyo Electric Power Co./Kyodo/MaxPPP)
Die Atomanlage von Fukushima war nicht gut genug vor Tsunamis geschütztBild: picture-alliance/dpa

Angst vor rechtlichen und finanziellen Konsequenzen

Aus dem Tepco-Bericht geht hervor, dass es offenbar gleich mehrere Gründe für die Verharmlosungstaktik der Fukushima-Betreiber gab: Zum einen befürchteten sie, die öffentliche Meinung zur Atomenergie könnte sich verschlechtern: "Es gab Befürchtungen, dass beim Einrichten neuer Sicherheitsmaßnahmen in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen könnte, dass die Atomanlagen nicht sicher sind".

Außerdem habe der Konzern das Sicherheitsrisiko heruntergespielt, weil er Angst davor hatte, wegen zu niedriger Sicherheitsstandards verklagt zu werden. Darüber hinaus hätte Tepco mit seiner Geheimhaltung verhindern wollen, dass die Anti-Atom-Bewegung in Japan Aufschwung bekommt.

Veraltete Sicherheitsstandards

Im Jahr 2002 hatte Tepco nach eigenen Angaben zuletzt "weitreichende Sicherheitsmaßnahmen" an der Anlage von Fukushima eingeführt. Sie waren eine Reaktion auf jahrelang verheimlichte Missstände: Unfälle waren nicht gemeldet und Reparaturen verzögert worden. Kritiker hatten seitdem immer wieder darauf hingewiesen, dass die Sicherheitsstandards für Katastrophen vom Ausmaß eines Tsunami trotzdem noch nicht ausreichend seien. Der von Tepco veröffentlichte Bericht räumt nun ein, dass die Betreiber sich dieses Defizits bewusst waren.

Die gigantische Flutwelle trifft das AKW in Fukushima (foto: ddp/AP von TEPCO)
Die gigantische Flutwelle trifft das AKW in FukushimaBild: AP

Ein von der japanischen Regierung eingesetzter Untersuchungsausschuss war Anfang Juli zu dem Ergebnis gekommen, die Fukushima-Katastrophe sei vermeidbar gewesen und sie als "von Menschen verursachte Katastrophe" bezeichnet.

Katastrophe mit weltweiten Auswirkungen

#video#Bei dem Unglück hatte am 11. März 2011 nach einem schweren Erdbeben vor der Ostküste Japans eine 15 Meter hohe Flutwelle weite Teile der Gegend um die Atomanlage von Fukushima zerstört. Offizielle Schätzungen sprechen von mindestens 19.000 Toten, Hunderttausende wurden obdachlos. Durch mehrere Kernschmelzen wurden weite Teile der Region radioaktiv verstrahlt und dadurch unbewohnbar. Weltweit löste die Katastrophe von Fukushima eine Diskussion um die Gefährlichkeit von Kernenergie aus. So beschloss zum Beispiel die deutsche Bundesregierung daraufhin den Ausstieg aus der Atomenergie.

Wie verheerend die Folgen des Atomunfalls für das Ökosystem sind, haben Forscher vor kurzem anhand von Mutationen bei Schmetterlingen bewiesen: Bei Untersuchungen an mehreren Generationen von Bläulingen stellten sie fest, dass sich die Farbmuster in den Flügeln nach der Katastrophe verändert hatten und dass an Beinen und Flügeln Missbildungen auftraten, die offenbar vererbt wurden.

mak/det (afp, dpa)