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Elekrosmog eine Gefahr für den Menschen?

Das Interview führte Gero Rueter6. April 2009

Ist das Telefonieren mit dem Handy gefährlich für den Menschen? Kann Strahlung von Schnurlos-Telefonen gesundheitsschädigend sein? Im Interview ist Klaus Trost, Projektbereich Elektrosmog, vom Wissenschaftsladen Bonn.

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Symbolbild zur Handystrahlung
Strahlt es oder strahlt es nicht? Viele Bürger haben Angst vor "Elektrosmog"Bild: picture-alliance / dpa / Themendienst

DW-WORLD.DE: Einige Menschen reagieren offenbar elektrosensibel. Gleichzeitig wird die Funktechnik stark ausgebaut: Handys, schnurlose Telefone und WLAN gehören inzwischen zum Alltag. Wie passt das zusammen?

Klaus Trost: Die Funktechnik führt dazu, dass Menschen immer mehr mit elektromagnetischen Wellen belastet werden. Das war früher nicht so: Damals gab es einige wenige Großsender, und die standen meist da, wo niemand wohnte. Mittlerweile kommt aber durch die Funktechnik die Strahlung auch dahin, wo die Menschen. Die gesundheitlichen Folgen dieser Emissionen sind bisher nicht ausreichend erforscht, sodass man diese Technik in dem Maße, wie es zurzeit gemacht wird, eigentlich nicht weiter ausbauen sollte.

Dr. Klaus Trost, Strahlenexperte und Verbraucherschützer vom Wissenschaftsladen Bonn
Dr. Klaus Trost, StrahlenexperteBild: Klaus Trost

Wie ist denn der Stand der Wissenschaft derzeit?

Die Frage ist, was man als den Stand der Wissenschaft bezeichnet. Wenn man das nimmt, was zweifelsfrei nachgewiesen ist, dann kann man sagen, dass die gesetzlichen Grenzwerte ausreichend sind, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden. Wenn man aber die sehr zahlreichen Studien nimmt, die unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte Effekte gefunden haben, deren gesundheitliche Relevanz man noch nicht so abschätzen kann, dann sollte man sehr vorsichtig sein. Dann brauchen wir wesentlich geringere Emissionsvorsorgerichtwerte.

Allein in Deutschland sind etwa sechs Prozent der Bevölkerung elektrosensibel. Sollte es Schutzgebiete für solche Personen geben?

Strommasten (AP Photo/Robert Pfeil/15.01.2007)
"Schwierig in funkdurchseuchter Welt zu leben" - Klaus Trost warnt vor ElektrosmogBild: AP

Elektrosensible Menschen gibt es auf jeden Fall, das kann ich aus meiner Arbeit unbedingt bestätigen. Es ist sehr schwierig für diese Menschen, in unserer heutigen funkdurchseuchten Welt zu leben. Es sollte Schutzgebiete für solche Menschen geben. Aber die Mobilfunkbetreiber lehnen es zum Beispiel ab, irgendwo Funklöcher bestehen zu lassen.

Wie reagiert die Politik?

Die Politik reagiert eigentlich gar nicht. Sie hat vor zwölf Jahren reagiert, als die Bundesemissionsschutzverordnung erlassen worden ist. Vorher gab es gar keine gesetzlichen Regelungen auf dem Gebiet der Funkemissionen. Seitdem tut sich eigentlich nichts.

Sie beraten Bürger und Institutionen zum Thema Elektrosmog. Wo sehen Sie vor allem die Gefahren?

Man muss zwischen dem hochfrequenten und dem niederfrequenten Elektrosmog unterscheiden. Im Hochfrequenzbereich ist der Hauptrisikopunkt die Benutzung eines Handys, weil da die Emissionen am stärksten sind. Im Kopfbereich werden die Grenzwerte fast zu 100 Prozent erreicht. Im Niederfrequenzbereich sind die hausgemachten Risiken nicht so groß, weil es da keine so starken Feldquellen gibt. Dazu zählen Hochspannungsleitungen und Trafostationen - also die Magnet- und elektrischen Felder, die durch die Stromversorgung erzeugt werden. Auch Haushaltsgeräte gehören dazu. Aber die führen eigentlich kaum zu so hohen Belastungen, dass da gesundheitliche Risiken zu erwarten sind.

Wie kann man sich als Handy-Nutzer schützen?

Man sollte zum Beispiel mit einem Headset telefonieren. Dann hält man den starken Sender, das Handy selbst, nicht direkt am Kopf. Oder man kann mit einer Freisprecheinrichtung telefonieren. Das geht allerdings nur, wenn die Nebengeräusche nicht zu laut sind. Sonst hilft nur: sich kurz fassen und übers Handy nur Telefonate abwickeln, die notwendig sind.

Bei Elektrosmog denkt man vor allem an Handys und Sendemasten, aber Elektrosmog gibt es ja auch durch schnurlose Telefone und WLAN. Welche Gefahren lauern hier?

Vier Handys ausgestellt auf einem Tisch
Schnurlose Telefone wie auch Handys senden elektromagnetische Strahlung ausBild: AP

Schnurlose Telefone gehören zu den Elektrosmogquellen, die relativ bedenklich sind. Die Basisstation dieser Anlagen sendet pausenlos, auch dann, wenn nicht telefoniert wird. Sie gibt eine gepulste Mikrowellenstrahlung ab, deren Pulsfrequenz zu Interferenzen mit biologischen Systemen führt, weil die Frequenz sehr niedrig ist. Die Erfahrung zeigt, dass es viele Menschen gibt, die gegenüber dieser Strahlung von DECT-Telefonen, also Schnurlostelefonen, empfindlich sind.

Beim WLAN scheint mir das Risiko nicht so groß zu sein. Hier haben wir es auch mit einer niederfrequent gepulsten Strahlung zu tun, aber die Strahlung ist nicht so permanent vorhanden wie bei einer DECT-Schnurlos-Telefonanlage.

Gibt es technische Innovationen, die als weniger bedenklich eingestuft werden können?

Bei den Schnurlos-Telefonen gibt es seit etwa einem Jahr Systeme, bei denen die Basisstation abgeschaltet wird, wenn nicht telefoniert wird, und bei denen die Sendeleistung dem Bedarf angepasst wird, also runtergeregelt wird, wenn man sich nah an der Basisstation befindet. Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Bei den Handys gibt es als neue Entwicklung das UMTS gegenüber dem alten GSM. Aber UMTS scheint gesundheitlich nicht verträglicher zu sein als GSM, sodass man da eigentlich keine Entwicklung im Moment sieht, die zu einer Reduzierung der Belastung führt.

Was sollte der Gesetzgeber Ihrer Meinung nach tun?

Ich möchte nicht in der Haut des Gesetzgebers stecken, weil es schon schwierig ist, da etwas zu tun. Man müsste die Grenzwerte eigentlich enorm weit senken. Das würde aber dazu führen, dass man die Mobilfunkstationen anders positionieren müsste, dass man Sendeleistungen reduzieren müsste, dass es keinen Empfang mehr fürs Handy im Keller und in der Tiefgarage gäbe. Man kann etwas tun, aber die Eingriffe wären spürbar und würden die Leistungsfähigkeit des Mobilfunksystems reduzieren.