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Auf der Probebühne eines Tanztheaters

13. April 2009

Das Renaissance-Epos vom liebestollen Ritter Orlando Furioso hat über Jahrhunderte hinweg Komponisten und Dichter inspiriert. Jetzt wagt ein modernes Tanzensemble in Bonn dazu ein choreografisches Experiment.

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Die Gruppe "Cocoondance" probt in der Bonner Oper "Orlando scrapped"(Foto:Thilo Beu)
Proben für Orlando - scrappedBild: Thilo Beu

Die Probebühne eins in der Bonner Oper: ein karger Raum, Scheinwerfer, ein paar Stellwände, elf Tänzerinnen und Tänzer, barfuß, in Trainingskleidung. „Orlando scrapped“ wird probiert, die moderne Version eines alten Stückes. Choreografin Rafaele Giovanola von der freien Gruppe "Cocoondance", hat für ihre Arbeit aus der Ritterfabel eine Passage ausgesucht - die Reise zum Mond, wo der Verstand des liebestollen Orlando verloren gegangen ist. Die temporeiche Choreografie zur Musik von Jörg Ritzenhoff verlangt der Gruppe ein Höchstmaß an Energie und Kraft ab.

Kopf und Körper

Zeitgenössischer Tanz ist Schwerstarbeit. Und „Cocoondance“ erwartet mehr als nur physische Präsenz und künstlerische Kompetenz von den Tänzern. Man arbeitet im Team, entwickelt die Stücke gemeinsam. Das fordert Körper und Verstand. Die Tänzer sind verschwitzt, keuchen, ringen nach Luft. Die elf kommen aus den verschiedensten Ländern - von Kuba über Israel bis Japan - aber nur eine deutsche Tänzerin ist darunter. Sie fühlt sich, wie sie sagt, ein wenig wie eine Ausländerin in der deutschen Theaterlandschaft. Aber wer weiß: vielleicht sind die ausländischen Tänzer einfach besser? Erfolgreicher? "Auf jeden Fall sind rassige Tänzer eher gefragt", glaubt Bärbel Stenzenberger.

Tänzerin hinter Folie: Probenfoto der Gruppe "Cocoondance" (Foto:Thilo Beu)
Tanz hinter FolienBild: Thilo Beu

Ausbildungsprobleme und Nachwuchssorgen

Rainald Endraß von der künstlerischen Leitung des Tanztheaters „Cocoondance“ sagt dagegen: Deutschland mit seiner einzigartigen Stadttheater-Landschaft und – im Vergleich zu anderen Ländern – geradezu paradiesischen Bedingungen habe nicht nur Defizite bei der tänzerischen Ausbildung, sondern überhaupt ein Nachwuchsproblem: "Heute gibt es für Kinder, die in Deutschland aufwachsen, so viele Angebote, so viele Verlockungen, da wird es immer schwieriger, sich einer Sache zu verschreiben, auch Verzicht zu leisten und sich nur auf sein Ziel zu konzentrieren." Das sei in anderen Ländern offensichtlich anders, da gäbe es nicht so viel Ablenkung und der Nachwuchs konzentriere sich eben mehr auf die eingeschlagene Laufbahn.

Tanzen bis zur körperlichen Erschöpfung

Das Ensemble hat eine anstrengende Woche hinter sich. Es ist Freitag. Bärbel Stenzenberger ist froh: "Also ich freu mich, dass jetzt gleich Wochenende ist und ich ein Bier trinken werde und eine Zigarette rauchen kann." Ihr rumänischer Kollege Volkhard Samuel Guist ist erschöpft." Also ich bin nach den Proben fix und fertig. Ich find’s sehr ermüdend, man muss sehr viel springen, es ist oft eine mentale Anstrengung, aber auch physisch. Also ich bin jedes Mal um sechs Uhr reif für’s Bett."

Autorin: Cornelia Rabitz

Redaktion: Sabine Oelze