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G7-Gipfel in Lübeck

Bettina Marx14. April 2015

In Lübeck setzen die G7-Außenminister ihr Gipfeltreffen fort. US-Außenminister Kerry trifft an diesem Mittwoch ein. Aus Lübeck berichtet Bettina Marx.

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Frank-Walter Steinmeier, G7 Außenministertreffen in Lübeck
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

Mit einem auf Englisch gesungenen Seefahrerlied hat die Stadt Lübeck die Außenminister der G7-Staaten begrüßt."Wir fühlen uns stark, wir segeln hinaus", sangen die Männer des Shanty-Chors Mövenshiet zu Akkordeon und Gitarre im historischen Rathaus. Und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier strahlte vor Stolz, seine Amtskollegen in der schönen Hansestadt begrüßen zu dürfen. Doch die gelöste Stimmung dieses feierlichen Auftakts des Außenminister-Treffens machte bald schon wieder der Ernsthaftigkeit Platz. Denn Steinmeier verwies in seinen Begrüßungsworten auf die Krisen und Konflikte, die die Gespräche der Minister dominieren werden.

"Wir sind mit zahllosen Konflikten, mit scheiternden Staaten und mit Katastrophen konfrontiert", erklärte er. "Darum müssen wir als Regierungen zusammenarbeiten und den gesamten diplomatischen Instrumentenkasten nutzen, um die Probleme zu bewältigen." Steinmeier erinnerte an den früheren Bundeskanzler und SPD-Vorsitzenden, Willy Brandt, der in Lübeck geboren wurde. Er habe den Satz gesagt "Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist nichts". Dieser Satz könne die Außenminister der sieben führenden Industriestaaten bei ihren Beratungen leiten.

Im Rathaus von Lübeck trugen sich die Außenminister ins Goldene Buch der Stadt ein Foto: DPA
Im Rathaus von Lübeck trugen sich die Außenminister ins Goldene Buch der Stadt einBild: picture-alliance/dpa/M. Schreiber

Krisen und Konflikte auf der Tagesordnung

Die Minister haben nur wenig Zeit für ihre Gespräche. Doch ihre Tagesordnung ist voll gepackt mit wichtigen Themen: die Krise in der Ukraine, die Konfliktherde im Nahen Osten - vor allem der neu entflammte Bürgerkrieg im Jemen - und die Atomverhandlungen mit dem Iran. Daneben will die deutsche G7-Präsidentschaft aber auch zwei eigene Initiativen präsentieren.

So möchte sie zum einen dem afrikanischen Kontinent mehr Aufmerksamkeit schenken. Dabei geht es vor allem darum, welche Lehren aus der Ebola-Krise zu ziehen sind und wie solche Seuchen in Zukunft vermeidbar oder beherrschbar sein können. Außerdem will die Bundesregierung zum ersten Mal überhaupt das Thema maritime Sicherheit auf die Tagesordnung setzen. 90 Prozent des Welthandels erfolge auf dem Seeweg und drei Viertel davon auf Routen und in Regionen, deren Lage man als heikel oder kritisch einschätzen müsse, hatte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, kurz vor dem Außenministertreffen erläutert. Darum wolle Steinmeier im Kreise der G7 eine Erklärung von Lübeck über maritime Sicherheit verabschieden.

Keiner der Konflikte - vom Bürgerkrieg im Jemen bis zu den Auseinandersetzungen mit Boko Haram in Nigeria - könne man in den nächsten Wochen oder Monaten lösen, sagte Steinmeier. Man brauche dafür Geduld. Das Jahr der deutschen G7-Präsidentschaft, das mit dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs auf dem bayerischen Schloss Elmau im Juni zu Ende geht, sei ein schwieriges Jahr. Aber auch die folgenden Präsidentschaften würden noch mit den aktuellen Konflikten zu tun haben. "Wir müssen realistischerweise sehen, dass das, was wir im Moment als außergewöhnliche Belastung empfinden, als außergewöhnlichen Krisenfall, dass diese Art von Krisenmanagement wahrscheinlich eher der Normalfall für die nächsten Monate und Jahre sein wird."

Frank-Walter Steinmeier spricht zu Beginn des G7-Außenminister-Treffens vor dem Rathaus von Lübeck Foto: DPA
"Diese Art von Krisenmanagement wird wahrscheinlich eher der Normalfall für die nächsten Monate und Jahre sein"Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

Kerry informiert über Atomgespräche mit dem Iran

Das Thema Iran wird vor allem am Mittwoch im Mittelpunkt stehen, wenn der amerikanische Außenminister John Kerry mit Verspätung zu den Gesprächen hinzukommen wird. Er musste wegen einer Anhörung im Kongress zu den Iran-Verhandlungen kurzfristig nach Washington reisen. Steinmeier bewertete die Gespräche in Lausanne vorsichtig optimistisch. Man habe sich mit Teheran auf Eckwerte verständigt, die Grund zur Hoffnung gäben. Es bedürfe aber noch weiterer Gespräche, um bis Juni zu einer Einigung zu kommen. In der nächsten Woche sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Steinmeier kritisierte, dass Moskau dem Iran Flugabwehrraketen vom Typ S-300 liefern will. Für eine Belohnung des Iran sei es noch zu früh, unterstrich er.

Bei einem Gespräch mit Schülern am Nachmittag hatte der deutsche Außenminister betont, dass ihm nicht daran gelegen sei, Russland aus dem Kreis der führenden Industriestaaten der Welt fernzuhalten. "Ich habe überhaupt kein Interesse an einer dauerhaften Isolierung Russlands", sagte er. Eine Rückkehr Moskaus in die Gruppe der G8 hänge aber von einer Lösung der Ukraine-Krise ab. Mit der Annexion der Krim habe Russland eine Grenze überschritten.

Lübeck im Ausnahmezustand

Bei einem Gespräch mit Lübecker Bürgern, die sich vor dem Rathaus versammelt hatten, dankte Steinmeier der Bevölkerung der Hansestadt für die herzliche Aufnahme der G7-Außenminister und bat um Verständnis für die damit verbundenen Unannehmlichkeiten. Wegen der erwarteten Demonstrationen wurden 3500 Polizisten in die kleine Stadt gebracht. Überall stehen Polizeiautos, das Rathaus und das Kongresszentrum sind weiträumig abgesperrt. Die normalerweise belebte Innenstadt mit den zahlreichen Backsteinkirchen war am ersten Gipfeltag fast ausgestorben. Verkäufer in den Geschäften warteten vergeblich auf Kunden, viele Cafés blieben leer, auf den Straßen fuhren nur wenige Autos.

Ein Protest-Transparent gegen den G7-Gipfel in Elmau wird bei einer Demonstration in Lübeck gezeigt. Foto: REUTERS
Proteste in Lübeck gegen die Politik der führenden IndustriestaatenBild: REUTERS/F. Bensch

Nur ein kleines Häufchen Demonstranten hatte sich am Nachmittag in der Stadt zu einer friedlichen Kundgebung versammelt. Am Abend zogen dann einige Hunderte Demonstranten mit Fahnen und Transparenten am Kongresszentrum vorbei, indem das Medienzentrum eingerichtet ist. In der Innenstadt kam es später zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei, als sich einige Protestierer lautstark dem Rathaus näherten, in dem die Gipfelteilnehmer zusammensaßen. Die Polizei drohte mit dem Einsatz von Wasserwerfern und kesselte rund 100 Demonstranten für kurze Zeit ein. Sie durften später jedoch wieder abziehen. Auch in der Nähe des Medienzentrums hatten sich Demonstranten versammelt. Sie wurden von der Polizei umstellt. Der Außenminister-Gipfel hat bei in- und ausländischen Medien reges Interesse geweckt. 700 Journalisten hatten sich zur Berichterstattung angemeldet.