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"Ich habe mein Amt nicht geerbt"

Claire-Marie Kostmann / hmf23. August 2016

Die Bongo-Familie regiert Gabun seit mehr als 50 Jahren autokratisch. Nun stellt sich Präsident Ali Bongo Ondimda erneut zur Wahl. Im DW-Interview verspricht er eine demokratische und transparente Abstimmung.

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Ali Bongo Ondimba Foto: Mustafa Yalcin / Anadolu Agency
Bild: picture-alliance/dpa/M. Yalcin

Am 27. August wird in Gabun gewählt. Präsident Ali Bongo Ondimba bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. Vor ihm führte sein Vater 42 Jahre lang mit harter Hand das nur rund 1,7 Millionen Einwohner zählende zentralafrikanische Land. Gabun hat aufgrund seines Ölreichtums eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen Afrikas. Davon profitiert aber vor allem die politische Elite.

DW: Herr Bongo, Ihre erste, siebenjährige Amtszeit als Präsident von Gabun neigt sich dem Ende. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Ali Bongo Ondimba: Ich habe den Menschen bei meiner Wahl zum Präsidenten versprochen, dass ich die Wirtschaft umbaue und breiter aufstelle, um den Wohlstand besser verteilen zu können. Und genau das hat meine Regierung getan. Wir haben die Produktion in vielen Bereichen angekurbelt und wir haben den Anteil, den Öl an unserer Wirtschaftsleistung hat, auf rund 23 Prozent halbiert. Gleichzeitig haben wir andere Industriezweige gefördert, zum Beispiel die Forstwirtschaft und den Bergbau. Das setzte Ressourcen frei, mit denen wir die Gehälter erhöhen und die Bevölkerung unterstützen konnten. 2009 hatten wir eine Wachstumsrate von einem Prozent. Jetzt sind wir bei knapp sechs Prozent. Gleichzeitig haben wir die Inflation in den Griff bekommen.

Es wurde also schon viel getan. Dennoch denke ich, dass wir mehr tun können und mehr tun müssen. Es gibt immer noch Gabuner, die arbeitslos sind und in Armut leben. Für diese Menschen müssen wir noch viel mehr tun. Wir müssen deshalb die Diversifizierung unserer Wirtschaft beschleunigen, Reformen vorantreiben und massiv in Bildung und Ausbildungsprogramme investieren. Unser Ziel ist es, dass bis 2020 keine unverarbeiteten Rohstoffe das Land verlassen. Wir wollen all unsere Rohstoffe selbst veredeln.

Anhänger von Gabuns Präsidenten Ali Bongo Odimba Foto: STEVE JORDAN/AFP/Getty Images
Einfache Mehrheit, zersplitterte Opposition: die Chancen stehen gut für Ali Bongo, die Wahl zugewinnenBild: Getty Images/AFP/S. Jordan

Sie wurden im Jahr 2009 zum Präsidenten gewählt und folgten damit auf Ihren Vater, der nach 42 Jahren an der Macht im Amt verstarb. Die Opposition und Teile der Zivilgesellschaft kritisieren, dass die Familie Bongo schon sehr lange an der Macht ist und es Zeit für einen Wechsel sei.

Diese Frage wird am 27. August dem gabunischen Volk gestellt. Ich habe mein Amt nicht geerbt. Ich habe mich 2009 zur Wahl gestellt und die Gabuner haben aus freien Stücken entschieden. Was soll also dieses Gerede von einer Erbfolge?

Sie waren vor kurzem in neun Provinzen Ihres Landes auf Wahlkampf-Tour. Sie haben dort viel von Frieden gesprochen, von Frieden am Wahltag. Haben Sie Sorge, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte?

Bei meiner Wahl vor sieben Jahren gab es die Sorge, ob ich in der Lage sei, das Land friedlich zu führen. Heute haben wir immer noch Frieden, aber die Bedrohungen sind real - vor allem Bedrohungen, die ihren Ursprung außerhalb unseres Landes haben. Ich spreche vom internationalen Terrorismus, auch hier in der Region. Der Friede innerhalb unseres Landes bereitet uns keine großen Sorgen. Auch wenn einige uns glauben machen wollen, dass die anstehenden Wahlen in einer extrem angespannten Atmosphäre stattfinden. Es gibt kein Risiko. Alles wird gut verlaufen.

Ihre Kontrahenten sehen das anders. Sie fürchten, dass aufgestaute Wut in Gewalt umschlagen könnte.

Diese Behauptungen sind abgenutzt. Bei jeder Wahl, seit 1993, spricht die Opposition von Gewalt. Bei jeder Wahl musste sie eine Niederlage einstecken. Also sie verstecken sich hinter den immer gleichen Geschichten. Die Opposition, die wir heute haben, unterscheidet sich nicht von der, die wir damals hatten. Einige unserer politischen Gegner waren früher mit uns an der Macht. Damals haben sie sich noch über solches Geredete beschwert - heute produzieren sie es selbst.

Präsident Ali Bongo Ondimba & Lionel Messi bei einer Gabuner Stadioneröffnung Foto: REUTERS/Gérauds Wilfried Obangome
Der Präsident setzt auf öffentlichkeitswirksame Aktionen - hier eine Stadioneröffnung mit Lionel MessiBild: Reuters/G.W. Obangome

Wir gehen gelassen in diese Wahl. Wir wollen sie gewinnen, aber wir beharren auf dem transparenten und demokratischen Charakter der Abstimmung. Wir werden darauf achten, dass diese Wahlen in Einklang mit unseren Gesetzen und Vorschriften stattfinden. Und deshalb hat unsere Regierung auch viele internationale Wahlbeobachter eingeladen, die nicht nur aus Afrika kommen, sondern auch aus Europa, Asien und Amerika.

Sie haben gerade von Ihren Gegnern gesprochen, von denen einige aus Ihrer eigenen politischen Familie stammen, zum Teil sogar aus ihrer echten Familie. Wie kann das sein?

Unglücklicherweise ist im Chefsessel kein Platz für zwei. Mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen. Manche haben eben eigene Ambitionen, die sie verfolgen. Die Gabuner werden am 27. August in aller Ruhe entscheiden, wer das bessere Programm für die Entwicklung Gabuns in den kommenden sieben Jahren hat. Wir gehen davon aus, dass die Bilanz unserer Regierungszeit insgesamt positiv ist. Und wir haben den Gabunern damit schon den Weg hin zu mehr Entwicklung aufgezeigt. Die Wahlergebnisse werden nicht lügen. Wir betrügen nicht.

Die Haltung der Opposition ist es, jedes Mal zu behaupten, die Mächtigen hätten nichts getan. Ich weiß, dass es die Aufgabe der Opposition ist, zu kritisieren - aber man darf nicht übertreiben. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Meine Kontrahenten können sagen, was sie wollen: Die Gabuner sehen die Veränderungen. Und die Veränderung, das sind wir.

Es gibt Streit um Ihre Geburtsurkunde. Teile der Opposition behaupten, sie sei gefälscht. Ihr Vater habe Sie adoptiert und Sie seien gar kein gebürtiger Gabuner; folglich dürften Sie auch nicht zur Wahl antreten. Wie fühlen Sie sich mit dieser Angelegenheit?

Traurig und amüsiert. Traurig, weil diese Sache von Menschen aufgebracht wurde, die ich kenne, und die auch meine Eltern seit Jahrzehnten kannten. Traurig, weil sie keine anderen Argumente finden, um sich mir entgegen zu stellen, als diese dumme Geschichte. Die Wahrheit ist, dass sie Angst vor dem 27. August, dem Wahltag, haben. Denn sie haben kein gutes Programm. Ich hingegen habe viele Erfolge erzielt. Deswegen versuchten sie, mich zu disqualifizieren, bevor die Wahl überhaupt begonnen hat. Das ist lächerlich. Ich weiß, wer ich bin. Jeder weiß, wer ich bin.

Ali Bongo Ondimba ist der Sohn des zweiten Präsidenten der ehemaligen französischen Kolonie Gabun. Er studierte Rechtswissenschaften an der Pariser Sorbonne, ehe er in sein Heimatland zurückkehrte und Karriere in der Einheitspartei "Parti Démocratique Gabonais" (Demokratische Partei Gabuns, PDG) machte. 2009 verstarb sein Vater Omar Bongo im Amt. In einer umstrittenen Wahl, in der erstmals die einfache Mehrheit im ersten Wahldurchgang reichte, setzte sich Ali Bongo klar gegen 17 Gegenkandidaten durch.

Das Interview führte Claire-Marie Kostmann.