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Gaddafi für Wahlen - unter seiner Herrschaft

5. April 2011

Die libysche Führung ist nach eigenen Angaben zu Wahlen und Reformen bereit. Es könne jedes politische System und jede Veränderung geben, sagte ein Regierungssprecher. Nur: Gaddafi müsse an der Macht bleiben.

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Gaddafi (Foto: AP/RTP TV)
Gaddafi verhandelt über alles - nur nicht über seine HerrschaftBild: AP/RTP TV

Die libysche Führung ist nach Angaben eines Regierungssprechers bereit, im Konflikt mit den Aufständischen über politische Reformen zu diskutieren. Es könne sowohl über Wahlen, als auch über eine Volksbefragung sowie über das künftige politische System des Landes gesprochen werden, sagte Regierungssprecher Mussa Ibrahim am Montagabend vor Journalisten. Ein Rücktritt von Machthaber Muammar al-Gaddafi sei aber ausgeschlossen. Ibrahim erklärte, Gaddafi habe keine offizielle Position inne, von der er zurücktreten könne: "Er hat eine symbolische Bedeutung für das libysche Volk." Er sei der Garant "für die Einheit des Volkes und der Stämme", sagte Ibrahim.

Unterdessen haben die USA ihre Luftangriffe auf Libyen vorerst beendet. Die US-Kampfflugzeuge seien in der Nacht zum Dienstag (05.04.2011) aus dem internationalen Lufteinsatz zurückgezogen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Washington mit. Die Kampfflieger blieben aber in erhöhter Bereitschaft für etwaige NATO-Anfragen.

Ursprünglich hatten die USA schon am Wochenende ihre Kampfflugzeuge und Tomahawk-Marschflugkörper aus dem Einsatz zurückziehen wollen. Allerdings bat die NATO das US-Verteidigungsministerium darum, den Einsatz bis Montag auszudehnen. Dem hatte die Regierung in Washington zugestimmt.

Gaddafis diplomatische Offensive

Militärmaschine, Stacheldraht (Foto: AP)
Dänisches NATO-Kampfflugzeug: Einsatz gegen Gaddafis TruppenBild: dapd

Unter dem Druck des NATO-Militäreinsatzes in Libyen hatte Gaddafi zuletzt begonnen, sich international um eine diplomatische Lösung des Konflikts zu bemühen. So war ein Gesandter der Führung in Tripolis nach Gesprächen in Griechenland am Montag in die Türkei gereist, um dort nach Angaben aus Regierungskreisen für die Vermittlung einer Waffenruhe mit den libyschen Aufständischen zu werben. In Ankara traf Gaddafis Vize-Außenminister Abdul Latif al-Obeidi den türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu. Dabei wurde nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira ausgelotet, wie das Regime und der Nationale Übergangsrat der Rebellen sich über eine Lösung verständigen könnten. Einzelheiten wurden nicht bekannt.

Während Gaddafis Emissäre über eine politische Lösung des Bürgerkriegs sprechen, lässt sich der Machthaber selbst zuhause feiern. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana meldete, Gaddafi habe sich in der Nacht zum Dienstag von Anhängern bejubeln lassen. Die Menschen seien zu seinem Stützpunkt Bab-al-Asisija in Tripolis gekommen. Regierungssprecher Ibrahim warf einigen westlichen Regierungschefs vor, sie wollten Gaddafi aus persönlichem Interesse oder wirtschaftlichen Gründen stürzen. Er sagte: "Wir wissen, dass es einige amtierende Politiker im Westen gibt, die schlicht ein persönliches Problem mit dem Führer haben." Ibrahim bedauerte die Entscheidung Italiens, die Aufständischen als legitime Vertreter Libyens anzuerkennen.

Frattini und al-Essawi (Foto: AP)
Gespräche mit den libyschen Aufständischen: Rebellen-Sprecher al-Essawi (l.) bei Außenminister Frattini in RomBild: dapd

Unterstützung für die Aufständischen

Nach Frankreich und anderen Staaten der Europäischen Union folgte am Montag Italien. Noch bis vor kurzem hatte das Land enge Beziehungen zu Gaddafi unterhalten. Außenminister Franco Frattini traf sich in Rom mit einem führenden Vertreter der Aufständischen. Dabei wies er ein Waffenstillstandsangebot Gaddafis als nicht glaubwürdig zurück. Auch die EU-Kommission in Brüssel kündigte an, sie wolle sich um bessere Kontakte zu den Rebellen bemühen.

Großbritannien will den libyschen Rebellen Kommunikationsausrüstung liefern, um sie im Kampf gegen die Truppen Gaddafis zu unterstützen. London reagiere damit auf eine Bitte von Rebellenführern, erklärte Außenminister William Hague in London. Die Regierung sei bereit, "nicht-tödliche Ausstattung zur Verfügung zu stellen".

In den umkämpften Gebieten deutete derweil nichts auf eine bevorstehende Feuerpause hin. In einem Wohnviertel in der belagerten Stadt Misrata wurden bei einem Beschuss durch Gaddafi-Truppen mehrere Menschen getötet. Misrata ist die letzte Hochburg der Aufständischen im Westen Libyens und seit Tagen heftig umkämpft.

Autor: Herbert Peckmann (rtr,afp, dpa, dapd)
Redaktion: Martin Schrader