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8. Juni 2007

Die EU-Staaten wollen das europäische Satelliten-Navigationssystems Galileo retten. Steuergelder in Milliardehöhe sollen das angeschlagene Projekt finanzieren.

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EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot (Archivbild, AP)
EU-Verkehrskommissar Jacques BarrotBild: AP

Gut einen Monat nach den gescheiterten Verhandlungen mit der Industrie gaben die 27 Fachminister am Freitag (8.6.2007) in Luxemburg einem entsprechenden Vorschlag von Verkehrskommissar Jacques Barrot grünes Licht. Damit besiegelten die EU-Verkehrsminister das Ende der Public-Private-Partnership (PPP) für Galileo und sprachen sich für einen Aufbau des Satelliten-Netzwerks aus öffentlichen Geldern aus.

Die Runde habe einstimmig beschlossen, Galileo in öffentlicher Regie zu bauen, sagte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), derzeit Vorsitzender des Ministerrats. "Wir brauchen die Expertise in dieser Technologie, und wir brauchen die Arbeitsplätze, die in der Industrie entstehen können."

2,4 Milliarden Steuergelder veranschlagt

ESA-Grafik zeigt Galileo über der Erde
ESA-Grafik zeigt Galileo über der Erde, (AP)Bild: AP/ESA

Jetzt kommen auf den Steuerzahler Kosten von mindestens 2,4 Milliarden Euro zu. Galileo soll von 2012 an mit gut 30 Satelliten Autofahrern, Landwirten oder Rettungsdiensten eine metergenaue Ortung bieten und so dem US-System GPS Konkurrenz machen. Europas größtes Industrieprojekt stand vor dem Aus, nachdem ein Konsortium um den deutsch-französischen Raumfahrtkonzern EADS und indirekt die Deutsche Telekom aus Sorge vor unkalkulierbaren Risiken die Verhandlungen hatte platzen lassen. Ursprünglicher Starttermin war 2008, bis jetzt ist aber lediglich ein einziger Satellit im All. Wegen Streits unter den acht Firmen aus fünf Ländern sowie den Regierungen um den Sitz von Kontrollzentren gab es immer wieder Verzögerungen.

Allein der Bau von Galileo soll gut vier Milliarden Euro kosten. Davon sind bislang etwa 1,3 Milliarden Euro verplant. Experten rechnen aber mit weit höheren Kosten. Inklusive der ersten Betriebsphase sollen es mindestens zehn Milliarden Euro sein. Aus Kreisen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hieß es, der ursprünglich vorgesehene Aufbau in "öffentlich-privater Partnerschaft" mit der Industrie hätte den Steuerzahler aber gut zwei Milliarden Euro mehr gekostet und zwei Jahre länger gedauert als der jetzt in die Wege geleitete Aufbau in öffentlicher Regie. Wegen seines "Verhandlungsmonopols" habe das Konsortium unter anderem eine hohe finanzielle Absicherung verlangt.

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee
Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (Archivbild AP)Bild: AP

Dennoch schlossen die Verkehrsminister nicht aus, noch private Investoren mit an Bord zu nehmen. Falls sich "in den kommenden Monaten noch Möglichkeiten für ein privates Engagement auch in der Aufbauphase öffnen, dann sollten wir dies prüfen", sagte Tiefensee. "Eins ist aber klar: die Federführung, das Schwergewicht soll beim öffentlichen Sektor liegen."

Unrentables Prestigeprojekt?

Die Rentabilität von Galileo gilt laut Prognosen als unsicher. Experten warnen vor der Konkurrenz des künftig verbesserten GPS-Systems, das zahlreiche Dienste kostenlos anbieten werde, sowie vor den von den Russen und Chinesen geplanten Satelliten-Systemen. Erst kürzlich hat eine repräsentative Umfrage der EU-Kommission ergeben, dass nur 20 Prozent der Europäer ein solches System benutzen und nur 15 Prozent seine Anschaffung planen. Befürworter weisen darauf hin, dass Galileo ein ziviles System ist und Europa unabhängig vom GPS-System machen soll, das die USA aus Sicherheitsgründen jederzeit abschalten können. Tiefensee betonte, das Galileo-Basissignal für Autofahrer werde ebenfalls kostenlos sein.

Barrot kündigte an, die Kommission werde im Herbst konkrete Vorschläge zur Finanzierung machen. Tiefensee sagte, es seien alle Optionen offen. Denkbar seien der Weg über die Europäische Raumfahrtagentur ESA, Umschichtungen im EU-Haushalt oder direkte Zahlungen der Mitgliedstaaten. "Selbstverständlich haben die Mitgliedstaaten unterschiedliche Präferenzen", sagte er. Es sei "nicht auszuschließen, dass es zu keiner Einigung kommt und dass das Projekt scheitert", räumte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee ein. (vem)