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Ganz am Anfang

Justyna Bronska1. Juni 2008

Trotz des großen Potenzials und Finanzhilfen der EU steckt die Biolandwirtschaft in Polen noch in den Kinderschuhen. Zwar ist die Zahl der Öko-Landwirte gestiegen, doch der Bioanteil an Agrarprodukten ist gering.

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Mähdrescher, die auf einem Getreideschlag des Agrarbetriebs Lübstorf (Nordwestmecklenburg) Weizenkörner auf Anhänger abladen (08.08.2007/dpa)
Während in Deutschland der Biomarkt boomt, sind die Polen noch skeptischBild: picture-alliance/ dpa

Polens Biobetriebe sind zumeist klein und haben selten mehr als zehn Hektar Land. Nur 1,5 Prozent der gesamten Agrarfläche Polens wird derzeit ökologisch bestellt. Daneben gibt es noch Biobetriebe, die ausschließlich für den Eigenbedarf wirtschaften, für die sich die Zertifizierung nicht lohnt. In den Jahren 2004 und 2005 ist die Öko-Fläche stark angestiegen, danach hat sich die Dynamik jedoch wieder abgeschwächt.

Kaum Abnehmer für Bioprodukte

Bereits seit fünf Jahren liefert Robert Wagner jeden Donnerstag Bio-Obst und Gemüse an die Haustür seiner Kunden. Der Bio-Landwirt aus dem südwestpolnischen Dorf Lubnow beliefert 60 Kunden in der naheliegenden Großstadt Breslau. Wagner hat Glück, dass er überhaupt die Abnehmer für seine Bio-Ernte gefunden hat: "Die meisten meiner Kollegen haben nicht solche Möglichkeiten, sie finden keine Absatzmärkte."

In der Tat sei in Polen die heimische Vermarktung noch wenig entwickelt, klagt auch Agnieszka Letkowska, Vorsitzender des Bio-Verbands "Biopolonia". Es gebe nicht nur zu wenig Geschäfte, die Bioprodukte anbieten, sondern die Landwirte haben keine Möglichkeiten, einen Zugang zu diesen Geschäften zu finden: "Die Mehrheit der Betriebe sind kleine Familienbetriebe, die ihre Produkte in kleinen Mengen anbieten. Dazu kommt, dass sie die Geschäfte auch nicht das ganze Jahr beliefern können", erklärt Letkowska.

Bioproduktion im kleinen Maßstab bringt nicht viel ein

Der Einzelhandel fordere jedoch Waren in größeren Mengen und zwar zu jeder Jahreszeit. Das sei das größte Problem und die größte Barriere, die die Weiterentwicklung der Biolandwirtschaft hemmt, sagt Letkowksa.

Die meisten Bio-Betriebe haben ihren Anbau erst vor vier Jahren umgestellt - direkt nach dem EU-Beitritt Polens in der Boomzeit des Ökosektors. Der Grund dafür: die Direktzahlungen, die der Bio-Landwirt von der EU bekommt. "Die Mehrheit der Betriebe hat die Umstellung nur aus finanziellen Gründen vorgenommen", meint Letkowska.

Bio wird konventionell vermarktet

Logo Ekoland Polen http://www.ekokwidzyn.pl/
Erster polnischer Bioverband - EKOLAND

Bis zu 500 Euro Zuzahlung bekommt ein Bio-Landwirt pro Hektar, fast fünf Mal mehr als für die konventionelle Bewirtschaftung. Im ersten Jahr der EU-Mitgliedschaft Polens hatte sich die Bio-Anbaufläche zwar verdoppelt. Doch nach dem Bio-Boom kam die Ernüchterung. "Eine Hürde ist auch", fügt Letkowska hinzu, "dass es zu wenig Unternehmen gibt, die die Bioprodukte weiter verarbeiten. Die Bio-Landwirte brauchen feste Abnehmer. Doch es gibt viel zu wenige."

Deshalb werden mehr als die Hälfte der Bio-Produkte in Polen konventionell vermarktet, weiß Landwirt Wagner, Mitbegründer des ersten polnischen Bioverbandes "Ekoland". Das sei natürlich ein großer Verlust für die Landwirte. Der Bio-Anbau sei mindestens doppelt so teuer wie der konventionelle. "Der Biolandwirt ist aber gezwungen, seine Ernte zum konventionellen Preis zu verkaufen. So erzielt er für ein Kilo Bio Möhren statt 30 Cent nicht mal 10 Cent", kritisiert Wagner.

Wenig Vertrauen in Bioprodukte

Zudem gebe es noch keine Vermarktungsstruktur für den Export ins Ausland. Auch seien die Zweifel bei den polnischen Verbrauchern sehr groß, die zertifizierten Bioprodukten zu kaufen. "Ich kaufe keine Bioprodukte, ich glaube nicht daran", sagt eine Passantin bei einer Straßenbefragung. "Man weiß bei den Produkten nicht, ob es wirklich Bio ist", sagt ein Mann.

Bio-Landwirt Wagner weiß, dass der Bioanbau in Polen nur dann eine Chance hat, wenn die Vermarktungsmöglichkeiten verbessert werden. Und die polnische Regierung rechnet trotz der Schwierigkeiten damit, dass sich in den kommenden Jahren die Umstellungswelle fortsetzen wird. Nach Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums wird sich in den nächsten fünf Jahren die Anzahl des Bioanbaus auf mindestens drei Prozent verdoppeln.