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Ganze Dörfer unter Schlammlawinen begraben

10. Oktober 2005

Die Regenfälle in Mittelamerika haben nicht nachgelassen und die Lage in den Katastrophengebieten weiter erschwert. Rettungskräfte suchen in einem Dorf in Guatemala nach bis zu 1500 verschütteten Maya-Indios.

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Die internationale Hilfe ist angelaufenBild: AP

Mit Schaufeln, Spaten und Spitzhacken arbeiteten sich am Sonntag (9.10.) die Helfer durch die teils zwölf Meter dicken Schlamm- und Geröllmassen in dem Maya-Dorf Panabaj in Guatemala. Sie sehen aber kaum mehr Hoffnung Überlebende zu finden. Der Bürgermeister der Gemeinde Santiago Atitlan, zu der auch Panabaj gehört, sagt, die etwa 1000 bis 1500 Bewohner des Dorfes seien wohl alle unter dem Schlamm begraben.

Schlammlawine in Panabaj - Guatemala
In Panabaj 180 Kilometer von der Hauptstadt Guatemala City in GuatemalaBild: AP

Nach tagelangen heftigen Niederschlägen infolge von Hurrikan "Stan" waren bereits am Mittwoch (5.10.) Tonnen an Erdmassen die Hänge eines Vulkans bei Panabaj herabgestürzt und hatten das Dorf unter sich begraben. Die Rettungskräfte erreichten das östlich von Guatemala-Stadt gelegene Gebiet aber erst am Freitag. Der Chef des nationalen Katastrophenschutzes, Hugo Hernandez, sagte am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa lediglich, in Guatemala gebe es 519 bestätigte Todesfälle. Alles weitere sei unverantwortliche Spekulation.

Dorf zu Friedhof erklären

Die Behörden erwägen mittlerweile, die Suche aufzugeben und das nahe dem Atitlan-See gelegene Dorf zu einem Massengrab zu erklären. "Es wird ein großer Friedhof werden, weil wir nicht ausreichende Hilfe bekamen, als diese Tragödie geschah", sagte Bürgermeister Diego Esquina. Nach dem Gesetz des Landes ist die Suche nach Überlebenden aus Gesundheitsgründen in den Tropen auf 72 Stunden begrenzt. Es sei unmöglich, alle Toten zu bergen, sagte Vizepräsident Eduardo Stein im Rundfunk. Aus verschütteten Dörfern sollten keine Leichen mehr geborgen werden, vielmehr könnten ganze Ortschaften der Einfachheit halber zu Friedhöfen erklärt werden. Nach mehreren Tagen "sind die Leichen so verwest, dass sie nicht identifiziert werden können".

In einer weiteren Schlammlawine sollen unbestätigten Angaben eines Behördenvertreters zufolge in dem Dorf Tacana nahe der mexikanischen Grenze 300 Menschen ums Leben gekommen sein. Es handelte sich um eine der schwersten Unglücke der vergangenen Jahre in Mittelamerika, das immer wieder von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Hurrikanen heimgesucht wird.

Familien suchen weiter

Die Maja-Indianer am Atitlan-See suchten am Wochenende weiter nach Angehörigen und Freunden. Ihnen schlossen sich Touristen an, die von dem Unwetter überrascht wurden und nun zum Helfen dageblieben sind. "Ganze Familien wurden ausgelöscht", sagte Diego Sojuel vom Katastrophenstab der Stadt Santiago Atitlan. "Ich arbeite jetzt schon drei Tage hier. Ich weine um meine Brüder, Schwestern und Kinder. So etwas habe ich mit meinen 73 Jahren noch nicht gesehen", sagte ein weinender Mann, der in den Schlammmassen nach Vermissten grub.

Auch in den südmexikanischen Bundesstaaten Chiapas, Veracruz, Oaxaca und Tabasco werden noch immer viele Menschen vermisst. Tausende Häuser sind zerstört, zehntausende beschädigt, Straßen und Brücken sowie Eisenbahnlinien sind unterspült. Mexikos Präsident Vicente Fox besuchte am Samstag das Katastrophengebiet im südlichen Staat Chiapas. Dort kamen zehn Menschen ums Leben. Den Bewohnern von Notunterkünften brachte Fox Hilfsgüter mit.

Das von Überschwemmungen und einem Vulkanausbruch heimgesuchte El Salvador war am Freitag zusätzlich von einem starken Erdbeben erschüttert worden. In El Salvador kamen nach letzten Mitteilungen etwa 80 Menschen ums Leben. (ert)