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Joachim Milberg: "Innovationen besser würdigen"

8. April 2009

Um den wirtschaftlichen Einbruch auszugleichen, braucht Deutschland einen funktionierenden Innovationskreislauf, schreibt Joachim Milberg, BMW-Aufsichtsratsvorsitzender, in einem Gastbeitrag.

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Joachim Milberg im Porträt (Foto: picture-alliance/Sven Simon)
Joachim MilbergBild: acatech

Die Lage der Wirtschaft ist ernst. Schon jetzt ist klar: Der Einbruch ist massiv, und die Folgen werden uns erst in den nächsten Monaten voll treffen. Viele kurzfristige Maßnahmen sind jetzt nötig - wenn es brennt, dann muss man löschen. Doch wenn sich der Rauch verzogen hat, müssen wir uns wieder der Frage stellen, wie wir langfristig den Wohlstand unserer Gesellschaft sichern und verbessern können.

In Deutschland liegt die Beschäftigungsschwelle, ab der wir das Niveau an Arbeitsplätzen halten oder steigern können, bei einem Wirtschaftswachstum von rund 1,5 bis 2 Prozent. Blickt man über die derzeitige Krise hinaus, zeigt sich: Das Wachstum in den vergangenen Jahren war zu schwach, um den derzeitigen Einbruch auszugleichen.

Innovationen sind Grundlage für Wirtschaftswachstum

Wir haben also ein strukturelles Problem. Deutschland kann langfristiges Wachstum nur über Innovation sichern. Hier müssen wir ansetzen. Wir brauchen ein innovationsfreundliches Klima und gut ausgebildete Leute gerade im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Und genau dafür setzen wir uns bei der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften ein.

Warum ist Innovation so entscheidend? Oberflächlich lautet die Antwort, weil Deutschland ein Hochlohnland ist ohne nennenswerte Rohstoffvorkommen. Das lässt sich präzisieren: Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand unserer Gesellschaft ist ein funktionierender Innovationskreislauf.

Wissenschaft und Forschung liefern neue Ideen

In diesem Kreislauf steht nichts unbeeinflusst nebeneinander. Vier Grundvoraussetzungen lassen sich unterscheiden, die ineinander spielen und sich gegenseitig verstärken. Kurz zusammengefasst könnte man den Kreislauf so beschreiben: Wissenschaft und Forschung liefern das neue Wissen und die neuen Ideen, die "Invention". Sie ist gleichsam der "Enabler". Die Unternehmen machen aus diesem Wissen und diesen Ideen neue Produkte und bringen sie erfolgreich an den Markt. Das ist Innovation.

Die Entwicklung von der kreativen Invention zur erfolgreichen Innovation hängt darüber hinaus von zwei Bedingungen ab: Es muss ein gesellschaftliches Klima herrschen, das von Veränderungsbereitschaft und Vertrauen in Wissenschaft und Forschung geprägt ist. Zweitens müssen die staatlichen Rahmenbedingungen stimmen.

Werkstoffwissenschaften werden verkannt

Fällt ein Teil aus, dann kann der ganze Innovationskreislauf zusammenbrechen. Die acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, setzt deshalb an dem gesamten Kreislauf an. Ein Beispiel: 70 Prozent aller neuen Produkte basieren auf innovativen Werkstoffen. Trotzdem werden die Werkstoffwissenschaften verkannt, die Studentenzahlen sind zu niedrig und die Teilbereiche - beispielsweise Kunststoff und Metall - arbeiten zu wenig zusammen.

Die acatech setzt sich an allen Teilen des Innovationskreislaufes für Verbesserungen ein: Für eine bessere Struktur von Studium, Forschung und Lehre, für bessere Rahmenbedingungen, für ein gesellschaftliches Klima, das den Wert von Wissenschaft und Innovation besser würdigt.

Zur Person: Joachim Milberg ist Präsident der acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der BMW AG. 2006 berief ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel in den "Rat für Innovation und Wachstum". Milberg wurde am 10. April 1943 in Verl (Westfalen) geboren. Der gelernte Maschinenschlosser und promovierte Ingenieur gilt als ausgewiesener Experte für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen.

Redaktion: Christina Hebel