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Politik

Der Kreml - machtlos in Venezuela

12. August 2017

Das Schicksal des Regimes in Venezuela bereitet Moskau Sorgen. Der Kreml fürchtet einen "lateinamerikanischen Maidan". Doch Russlands Handlungsspielraum ist extrem begrenzt, meint Konstantin von Eggert.

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Maduro bei Putin 02.07.2013
Venezuelas Präsident Nicolas Maduro war schon mehrfach zum Besuch bei Wladimir Putin im KremlBild: Maxim Shemetov/AFP/Getty Images

"Sozialistische Regierungen richten traditionell ein finanzielles Schlamassel an. Immer geht ihnen irgendwann das Geld anderer Leute aus." Dieses Zitat von Margaret Thatcher beschreibt wohl am besten, was in Venezuela unter der Herrschaft des verstorbenen Hugo Chavez und dessen Nachfolger Nicolas Maduro passiert ist.

Der sogenannten "bolivarische Sozialismus" kracht an allen Nähten unter dem Druck der wachsenden Zahl derer, die galoppierende Inflation, Mangelversorgung und ungezügelte Gewalt der Strafverfolgungsbehörden leid sind. Dem Maduro-Regime bleiben zwei Möglichkeiten: entweder sofort freiwillig abzutreten (was unwahrscheinlich ist) oder sich in eine vollwertige Diktatur zu verwandeln, um danach zusammenzubrechen (was wahrscheinlicher ist).

Der Kreml blickt nervös nach Caracas

Das Gespenst eines "lateinamerikanischen Maidan" macht die russische Führung nervös. Sie fürchtet jede Volksbewegung gegen Autoritarismus - egal in welchem Land der Welt. Allerdings ist Venezuela ein besonderer Fall. Moskau stand über mehr als 15 Jahre hinweg erst Chavez und dann seinem Nachfolger zur Seite. Und das nicht allein aus dem Wunsch heraus, einen Feind der USA zu unterstützen - dieses Motiv verfolgt Russland ja immer.

von Eggert Konstantin Kommentarbild App
Konstantin von Eggert ist russischer Journalist und Moderator beim TV-Sender "Doschd". Er ist Autor einer wöchentlichen Kolumne bei DW-Russisch.

Es gibt einen weiteren Grund: Die staatliche venezolanische Ölgesellschaft PDVSA ist nach dem US-Konzern ExxonMobil der zweitwichtigste ausländische Partner des russischen Ölkonzerns Rosneft. Rosneft  hat im Land mit den weltweit größten bekannten Ölreserven viel vor und genießt dort Vergünstigungen. Venezuela ist das Land, in dem Rosneft-Chef Igor Setschin beweisen will, zu was das von ihm und dem Kreml kontrollierte Unternehmen auch außerhalb von Russland im Stande ist.

Nur deshalb hilft Moskau den Chavisten. Noch am 10. Juli telefonierte der russische Präsident Wladimir Putin mit Maduro. Offiziellen Berichten zufolge sprachen sie über gemeinsame Energieprojekte. Wahrscheinlicher aber ist, dass Maduro Putin gebeten hat, die venezolanischen Staatsschulden gegenüber Russland in Höhe von einer Milliarde Dollar umzustrukturieren. Vielleicht werden sie sogar ganz erlassen. Darüber hinaus gehört Russland zu den wenigen Staaten, die Maduros Versuch unterstützen, die Verfassung des Landes neu zu schreiben und das gewählte Parlament zu entmachten.

Trumps Stärke und des Kremls Ohnmacht

Sowohl gegen Maduro als auch gegen den Kreml bestehen US-Sanktionen. Daher wird in Moskau jetzt eine besonders starke Solidarität mit dem Maduro-Regime empfunden. Der Kreml würde gerne mehr tun, als Schulden umzustrukturieren und leere Worte der Unterstützung zu äußern.

Militärische Hilfe kann Moskau dem venezolanischen Regime nicht bieten, es braucht sie auch nicht. Denn es ist nicht notwendig, Maduro zu Gewalt gegen die Opposition zu drängen, so wie es bei Viktor Janukowitsch in der Ukraine der Fall war. Maduro ist selbst längst bereit, Oppositionelle zu inhaftieren und zu töten.

Der Kreml kann nur das Ende des venezolanischen Dramas abwarten und sich fragen, ob US-Präsident Donald Trump ein Embargo gegen venezolanisches Öl verhängen wird. Dies würde wahrscheinlich das Maduro-Regime schnell zu Fall bringen, aber auch die nordamerikanischen Verbraucher venezolanischen Öls treffen.

Was kommt nach dem Fall von Maduro?

Wie das Drama in Venezuela langfristig enden wird, ist klar: Das Maduro-Regime wird abtreten. Die Frage ist nur, wann und wie viele Menschen es bis dahin noch mit ins Grab nimmt. Danach wird eine neue pro-westliche Regierung die venezolanische Russland-Politik radikal ändern. Sie wird die diplomatische Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien zurücknehmen, mit der Hugo Chavez seinerzeit Putin einen großen Dienst erwiesen hatte.

Und nicht zuletzt wird dann auch die Position von Rosneft ins Wanken geraten. Das Unternehmen könnte sogar aus dem Land geworfen werden. Von einer Machtübernahme der Opposition in Venezuela könnte ein anderer Rosneft-Partner profitieren - nämlich ExxonMobil. Chavez hatte den US-Konzern einst aus Venezuela hinaus geworfen. Eine Rückkehr von ExxonMobil wäre ein brillantes, ironisches Finale des unrühmlichen venezolanischen Abenteuers des Kremls. Auf eine Diktatur zu setzen, schadet auf Dauer dem Ansehen und dem Geschäft. Diese Lektion wird man im Kreml wohl nie verinnerlichen.

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