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Kein bisschen Frieden in Kaschmir

Sturm Peter Kommentarbild App PROVISORISCH
Peter Sturm
22. September 2016

Wenn Indien und Pakistan streiten, muss man hoffen, dass die Nuklearwaffen die Funktion erfüllen, die ihnen einst im Ost-West-Konflikt zugeschrieben wurde: die Disziplinierung der Konfliktparteien, meint Peter Sturm.

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Indien Kaschmir BSF Soldat
Bild: Getty Images/AFP/T. Mustafa

Die zahlreichen Konflikte im Nahen und Mittleren Osten, in Korea sowie im Südchinesischen Meer haben einen Streitfall beinahe in Vergessenheit geraten lassen, der das Potenzial zu einem großen Krieg hat. Immerhin stehen sich in Kaschmir zwei Atommächte gegenüber. Und die Rhetorik sowohl in Indien als auch in Pakistan verheißt nichts Gutes, wenn - wie in diesen Tagen - der Konflikt wieder aufflammt. Beunruhigend ist auch die Regelmäßigkeit, mit der es zu Eskalationen kommt, sobald beide Regierungen Signale der Entspannung gesendet haben. In beiden Ländern gibt es also offensichtlich Kräfte, die sich der Kontrolle ihrer jeweiligen Regierung entziehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass keine Seite von sich behaupten kann, eine "weiße Weste" zu haben. Pakistan muss sich vorwerfen lassen, dass es nicht immer genau hinschaut, wenn Militante die Demarkationslinie überschreiten, um im indischen Teil Kaschmirs oder anderswo in Indien blutige Anschläge zu verüben. Indische Sicherheitskräfte vermitteln auf der anderen Seite vielen muslimischen Bewohnern der Region durch ihr zum Teil rücksichtsloses Verhalten nicht gerade den Eindruck, sie seien als vollwertige Staatsbürger der gerne so genannten "größten Demokratie der Welt" anerkannt.

Sturm Peter Frankenberger Frankfurter Allgemeine Zeitung
Peter Sturm ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Und dann ist da noch der Faktor Prestige. Beide Staaten haben sich - unabhängig davon, wer gerade regiert - seit Jahrzehnten in ihren Maximalpositionen verschanzt. In einer solchen Situation gilt schon das kleinste Zeichen von Kompromissbereitschaft als Hochverrat. Wer als Politiker einen solchen Kurs propagiert, spielt buchstäblich mit seinem Leben. Versuche aus dem Ausland, mäßigend auf die Konfliktparteien einzuwirken, werden in Indien und Pakistan - wie in vielen ehemaligen Kolonien - als verbotene Einmischung in innere Angelegenheiten angesehen und allein deshalb zurückgewiesen.

Angesichts dieser Lage muss man vermutlich schon froh sein, dass es bisher bei gelegentlichen Zusammenstößen geblieben ist. Aber die vielen Kriege zwischen Indien und Pakistan in der Vergangenheit mahnen zur Vorsicht. In Zeiten des Ost-West-Konflikts galten Atomwaffen als Garantie dafür, dass es nicht zum Äußersten kommen würde. Womöglich erfüllen sie diesen Zweck im Südasien unserer Tage auch. Wenn man nur sicher sein könnte!

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