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Gauck fordert zu Friedensgesprächen auf

31. Mai 2012

Für seinen Besuch und die vehemente Forderung nach Frieden im Nahost-Konflikt erntet Bundespräsident Joachim Gauck viel Lob. Was er aber nun zur Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland sagte, stieß auf Kritik.

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Bundespräsident Joachim Gauck spricht an einem Podium während einer Pressekonferenz im Westjordanland (Foto: Reuters)
Gauck auf Nahost-Reise in RamallahBild: Reuters

Bundespräsident Joachim Gauck sieht sie - die Möglichkeit, den Nahost-Konflikt auf friedlichem, diplomatischem Wege zu lösen. Daher rief er zum Abschluss seines Besuchs in Israel und den Palästinensergebieten nochmals zu einer Verhandlungslösung auf, die die Rechte und Ansprüche beider Seiten berücksichtigen müsse.

Friedliche Lösung und besondere deutsche Rolle

"Wir wollen den Frieden und unterstützen jeden, der dabei mitwirken kann", sagte Gauck in der evangelischen Himmelfahrtskirche auf dem Jerusalemer Ölberg. Einzig ein Dialog könne Jerusalem zu der Stadt des Friedens machen, die Israelis und Palästinenser als ihre Hauptstadt betrachten, und wo Juden, Muslime und Christen friedlich ihren Glauben praktizieren könnten "Der Ölzweig ist das Symbol für Frieden, den wir uns alle ersehnen", erklärte der Bundespräsident vor Vertretern aus Kirche und Gesellschaft.

Gauck unterstützt Palästinenserstaat

Die Bundesrepublik steht Gauck zufolge bei der Lösungssuche und Unterstützung beider Seiten "in besonderer Verantwortung". Allerdings äußerte er auch die Sorge, dass sich Deutschland mit dem Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, das Existenzrecht Israels gehöre zur deutschen Staatsräson, auch übernehmen könnte.

Zwei Seiten - ein Ziel

Gauck war am letzten Tag seines Besuches auch zu Gast im Westjordanland. In Ramallah traf er mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas und dessen Regierungschef Salam Fajad zusammen. Bei dieser Gelegenheit betonte er noch einmal das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Die Bundesrepublik bekenne sich nachdrücklich zur "Zwei-Staaten-Lösung und unterstützt die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates", sagte Gauck.

Mit Abbas sei er sich einig gewesen, dass nur Verhandlungen und "niemals Gewalt" zu einem eigenständigen Palästinensergebiet führen würden. Der Palästinenserpräsident bedankte sich zugleich für die deutsche Unterstützung bei der Forderung nach der Zwei-Staaten-Lösung ebenso wie für die wirtschaftliche Hilfe. Israel übergab fast zeitgleich als Geste des guten Willens die sterblichen Überreste von 91 Palästinensern. Sie waren im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte im Kampf gegen Israel und bei Selbstmordanschlägen getötet und in Israel begraben worden.

Seinen Besuch im Westjordanland nutzte Gauck dazu, in dem Dorf Burin bei Nablus im Norden des Westjordanlandes am Morgen eine mit deutschen Geldern gebaute Mädchenschule zu eröffnen. Gauck sieht in der Bildung die Voraussetzung "für das friedliche Zusammenleben im eigenen Land und zwischen den Völkern". In der Mädchenschule sollen künftig bis zu 480 Schülerinnen unterrichtet werden.

Staatsbesuch - Bundespräsident Joachim Gauck in Israel

Lob für Gauck - und scharfe Kritik

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lobte den Bundespräsidenten für seine Worte und Haltung während seines Besuchs. "Ich finde, das ist ihm sehr gut gelungen. Wir alle können mit dem Verlauf der Nahost-Reise des Bundespräsidenten sehr zufrieden sein", sagte Westerwelle. Gauck habe damit die deutsch-israelischen Beziehungen vertieft.

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, der Gauck begleitete, zog eine positive Bilanz. Der Bundespräsident habe mit besonders viel Gefühl und Wärme die Verbundenheit zu Israel deutliche gemacht.

Beim Zentralrat der Muslime in Deutschland stieß unterdessen eine Äußerung Gaucks in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" auf heftige Kritik. Gauck relativierte eine Formulierung seines Amtsvorgängers Christian Wulff, wonach der Islam zu Deutschland gehöre. Stattdessen hätte er damals an Wulffs Stelle "einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland". Das sei auch die Wirklichkeit: In Deutschland lebten viele Muslime und Wulff habe damals in seiner Antrittsrede auch von "der Gemeinsamkeit der Verschiedenen" gesprochen. Man sei nicht nur durch Geburt beheimatet, sondern Heimat entwickle sich auch durch die Bejahung des Wohn- und Lebensortes und der Normen, die dort gelten, erklärte Gauck.

Sowohl der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mayzek, als auch die Türkische Gemeinde in Deutschland reagierten verärgert über diese Distanzierung des Bundespräsidenten. "Das europäische Abendland steht ganz klar auch auf muslimisch-morgenländischen Beinen", sagte Mayzek. Wer das leugne, betreibe Geschichtsfälschung.

nis/GD (dpa, afp, rtr, kna, dapd)