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Gauck lobt "wache Demokraten"

19. Juni 2016

Bundespräsident Gauck sieht trotz fremdenfeindlicher Vorkommnisse in Deutschland nicht die Demokratie in Gefahr. In einem großen TV-Interview ging er auch auf seinen Rückzug nach nur einer Amtszeit ein.

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Joachim Gauck im 'Bericht aus Berlin' (Foto: ARD)
Bild: ARD

Mit Blick auf Übergriffe gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte sagte Joachim Gauck: "Natürlich haben wir diese widerlichen Aktionen. Da kann man nur sagen, jede weitere ist eine zu viel." Aber es gebe eben auch viele engagierte Bürger, die sich dagegen wendeten und Hilfsbereitschaft zeigten.

Es gebe am rechten und am linken Rand "Systemverächter", es sei aber "kein Vergleich zur Zeit der Weimarer Republik", betonte der Bundespräsident in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Damals habe es "zu wenig wache Demokraten" gegeben. Doch "jetzt haben wir Institutionen, die funktionieren, eine gute Verfassung und wir haben überaus wache Demokraten und eine so starke Zivilgesellschaft, wie wir sie noch nie in Deutschland hatten", so Gauck. Es sei daher etwas ungenau, von einer "vorrevolutionären Situation" zu sprechen, wie es "die an den Rändern" gerne hätten. "Dazu ist unsere Mitte zu stark."

"Zögernde Bevölkerungen mitnehmen"

Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Referendums über einen Austritt Großritanniens aus der EU meinte der Bundespräsident, die Politiker müssten wieder stärker das Gespräch mit den Bürgern suchen. Die Menschen müssten gefragt werden: "Habt ihr wirklich Angst, dass ihr nicht mehr Polen oder Briten sein könnt? Ist es so, dass man euch eure nationale Identität wegnimmt?" Um die Idee eines sich vereinigenden Europas zu schützen, sei es "unbedingt notwendig, die zögernden Bevölkerungen mitzunehmen". Es müsse mit den Menschen besprochen werden, welche Vorteile ihnen die EU-Mitgliedschaft gebracht habe, ökonomisch, aber auch politisch. An die Briten gerichtet, fügte Gauck hinzu: "Ich hoffe, dass sie bei uns bleiben."

Zwischenzeitlich ans Weitermachen gedacht

Zu seiner Entscheidung, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, sagte Gauck: "Ich bin ja nicht auf der Flucht, sondern ich sage, dieses Land ist so stabil, dass es diesen Wechsel gut verträgt." Er habe zwar die Tendenz von nur einer Amtszeit von Anfang an im Kopf gehabt. Im vergangenen Winter und später im Frühjahr habe er jedoch noch mal überlegt. "Bei dieser Unruhe in den öffentlichen Debatten, (...) da habe ich die Pflicht empfunden, noch mal intensiv nachzudenken." Trotz des Wunsches Vieler, noch einmal anzutreten, habe ihn aus der Politik aber niemand genötigt. Der 76 Jahre alte Gauck hatte vor rund zwei Wochen angekündigt, er bewerbe sich 2017 aus Altersgründen nicht mehr um das Präsidentenamt.

Einmal und nie wieder

Einen politischen Rat wollte Gauck seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger im Schloss Bellevue nicht geben. Nur so viel: "Die neue Bundespräsidentin oder der neue Bundespräsident sollte keine Flugangst haben."

wa/pab (dpa, afp)